Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Der falsche Waldemar war hier ein Geselle
HUNDELUFT/MZ. - Ein wenig versteckt steht sie am Waldesrand kurz vor Hundeluft. Seit vielen Jahren schon außer Betrieb, wirkt sie inmitten einer idyllisch natürlichen Kulisse fast schon verschlafen. Doch umso gewaltiger war sie einst und umso geheimnisvoller ist die Geschichte, welche die Hundelufter Mühle erzählen könnte. Manuela und Ulrich Schacht öffneten zum Mühlentag am Pfingstmontag traditionell alle Türen und luden die Interessierten zum Besuch ein.
"In anderen Jahren, wenn das Wetter gut war", sagte Ulrich Schacht voller Vorfreude, während seine Gattin die ersten interessierten Gäste durch das Innere der Mühle führte, "hatten wir zwischen 600 und 800 Besucher gehabt." Die erste nachweisliche urkundliche Erwähnung der Mühle führt zurück ins Jahr 1650. Doch die jetzigen Bewohner winken schmunzelnd ab. "Schon um 1350 muss diese Mühle existiert haben", sagte der Herr im Haus. Er ist sich sicher, dass der "Falsche Waldemar" zumindest seine Gesellenzeit in genau dieser Mühle verbracht hatte.
Der echte Waldemar, Markgraf von Brandenburg, war im Jahre 1320 verstorben. Er hatte sein Land zuvor "mit viel Geschick und wenn nötig mit Gewalt" gut regiert. Kurz nach dem Tod des Markgrafen hatte Brandenburg keine politische Führung mehr. "Irgendwann tauchte dann Waldemar wieder auf und behauptete, dass er gar nicht gestorben sei", so Schacht. Fortan regierte Waldemar wieder das Land. Als Karl der IV. dann aber zum Kaiser ernannt wurde, beauftragte dieser ein Echtheitsgutachten, welche den "Falschen Waldemar" enttarnte. Daraufhin wurde er gebeten abzutreten.
"Der hatte sein Land in der Zwischenzeit aber so gut regiert", so Schacht, "dass sein Volk ihn deckte." Erst ein gutes halbes Jahrzehnt nach der Enttarnung wurde der falsche Waldemar 1355 mit Gewalt entfernt. Zwei Jahre später starb der Hochstapler im Fürstenhaus in Dessau, wo er nach der Entmachtung unterkam.
"Der falsche Waldemar hieß Jacob Rebock und war Müllersjunge in Hundeluft", zog Schacht den Kreis. So gewaltig, wie die Wassermühle an der Rossel in ihren goldenen Jahren gewesen sein musste, war sie während Waldemars Ausbildung sicher noch nicht. "Das war schon eine relativ große Mühle", berichtete auch Manuela Schacht, während der Rundgänge. Ursprünglich haben drei Mahlwerke existiert und im Laufe der Zeit holten bis zu drei Wasserräder gleichzeitig genügend Energie aus der Rossel, um auf der anderen Gebäudeseite ein Sägewerk zu betreiben. Das Wasser lief bei den oberschächtigen Rädern über statt unterhalb entlang. "Das ist die effektivere Methode", meinte Ulrich Schacht. Bis 1891 fungierte der Betrieb als Mahl- und Schneidemühle. Noch bis 1976 war die Hundelufter Wassermühle an der Rossel in ständigem Betrieb. "Allerdings wurde 1912 bereits eine 10-PS-Turbine eingebaut", berichtete der Hausherr, der heute in den Gemäuern ein Zahntechnisches Labor betreibt.