Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Bergmann im «Hollywood»
gräfenhainichen/MZ. - Vom alten Eisen hält Hartmut Gawollek viel. Der Gräfenhainichener hat das familieneigene Restaurant "Hollywood" und den Schacht "Barbara" reichlich ausgestattet damit. Schweres Bergbaugerät ist aufgefahren: eine Lok, Mannschaftswagen, Hunte, Baggerschaufeln. Altes Eisen eben, zu dem sich der Bergmann aus Leidenschaft jedoch nicht zählen möchte. 70. Die Zahl steht. Hartmut Gawollek feiert am Montag runden Geburtstag. "Den würde er wahrscheinlich ausfallen lassen", ist Ehefrau Jutta überzeugt. Denn irgendwie glaubt das Aushängeschild fürs "Hollywood" und den Schacht, dass eine 70 nicht passt zu dem, wie es sich fühlt und was es an Ideen für die Zukunft gibt.
Gawollek ist mehr als ein Bergmann aus Leidenschaft. Er trägt die Bergmannsuniform nicht minder gern denn die Bikerrobe. Hört Rock und singt mit Vorliebe aus voller Kehle das Steigerlied.
Gawollek ist nicht glatt und pflegeleicht. Er hat seine Eigenheiten, mischt sich ein, eckt an. Das hat ihm nicht nur Freunde gebracht. Doch deshalb will sich der Jubilar nicht verbiegen lassen. "Er wird sich treu bleiben. Er kann ohnehin nicht anders", ist Ehefrau Jutta überzeugt.
Seit August 1967 ist sie Frau Gawollek. Das Paar hat zwei Kinder - Nicole und Tino - die beide in die elterlichen Fußstapfen getreten sind. 1990 starteten die Gawolleks nach dem abrupten Bergbauende neu. Zur Videothek kam das "Hollywood", dann der Schacht. "Man muss eben anders sein, um Leute anzulocken", ist Jutta Gawollek sicher und froh darüber, dass der Zschornewitzer Junge Hartmut statt dem Schusterhandwerk des Vaters die Elektroschiene eingeschlagen hat.
Elektromonteur, Fernstudium zum Ingenieur, Zentralwerkstatt und dort die Zentrale Montageabteilung mit spektakulären Einsätzen an Bergbaugroßgeräten in der ganzen Republik sind Meilensteine im Leben des nun 70-Jährigen.
Der Bergbau formte und lässt auch nach zwei Jahrzehnten Selbstständigkeit nicht los. Gawollek war und ist ein gutes Stück weit Animateur in Sachen regionaler Geschichte. Er streift die schwarze Bergmannsuniform über, trägt weißes Hemd und schwarzen Hut. Im Barkas der Grubenwehr fährt er nach Ferropolis und führt Gruppen durch die Eisenstadt. Hier fühlt er sich am rechten Platz. Der Wahl-Gräfenhainichener - seit 1967 wohnt er in der Heidestadt - ist Mitglied im Ferropolis-Förderverein und gehört dem Verein Bitterfelder Bergleute an. Der Jubilar braucht die Erdung und hat dennoch aus seiner Liebe fürs Wasser nie einen Hehl gemacht.
Den Wehrdienst leistete Hartmut Gawollek über vier Jahre bei der Marine ab. Noch heute taucht er mit Lust und Leidenschaft. Er fährt Motorrad und könnte sich vorstellen, noch einmal mit einer Harley auf einer der Traditionsrouten in den Staaten zu cruisen.
"Vielleicht bin ich dieses Mal mit dabei", erklärt Jutta Gawollek. Sozius auf der Route 66: "Warum denn nicht?"
Doch das ist noch Theorie, Zukunft. Jetzt zählt die Arbeit im Schacht. Weihnachten ist die hohe Zeit im Restaurant. Der Biker zeigt dann wieder einmal viel Gefühl. Er baut Schwibbögen und wird dieses Jahr sein neues Meisterstück präsentieren. Eine große Pyramide hat er gebastelt. Sie soll leuchten und Stimmung verbreiten.