Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Bei Alarm ist Job zweitrangig
Gräfenhainichen/MZ. - Die Alarmmeldung geht auf dem Pieper ein. Der Kamerad der freiwilligen Feuerwehr lässt die Arbeit fallen, rückt aus zum Einsatz. Es ist der Moment, mit dem Unternehmer umgehen lernen müssen. Zwar kann ihnen der Ausfall an Arbeitskraft im Nachhinein vergütet werden. Fest steht allerdings, dass gerade in kleinen Firmen die Abwesenheit eines Mitarbeiters schwer zu kompensieren ist.
"Da braucht es auch Gefühl für den Moment", ist Peter von Geyso überzeugt. Der Möhlauer ist stellvertretender Stadtwehrleiter der Einheitsgemeinde Gräfenhainichen und kann die Sorgen des Mittelstandes durchaus verstehen. Fingerspitzengefühl verlangt er von den Kameraden, die Prioritäten setzen und klar entscheiden sollten zwischen dem umgestürzten Baum und dem Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person.
"Das kann auch Ihre Frau sein. Da erwarten alle hier schnelle Hilfe." Geyso nimmt am Gräfenhainichener Wirtschaftsstammtisch kein Blatt vor den Mund. Er hebt die Kameraden nicht in den Himmel. Aber er macht darauf aufmerksam, dass die freiwillig für andere eintreten würden: 24 Stunden am Tag und auch in heiklen und gefährlichen Situationen.
Am Stammtisch geht es um das Gefühl füreinander: Feuerwehr soll Interessen der Unternehmer verstehen, die wiederum die Wehr als echtes Plus erkennen. Für Harald Kremer, den Chef der Mittelstandsvereinigung, hat der Schulterschluss mit den Floriansjüngern am Ende sogar wirtschaftliche Relevanz. Der Versicherungsfachmann hat in Erfahrung gebracht, dass kaum mehr als ein Viertel von Unternehmen mit ausgedehnten Brandschäden wieder in die Erfolgsspur zurückfinden würden. "Die Konkurrenz schläft nicht, springt schnell in die Bresche." Am Stammtisch weiß jeder, wovon die Rede ist. Geht es um Marktanteile, wird die Chance schnell beim Schopf gepackt.
"Der Ernstfall kann jeden treffen", ist Harald Müller überzeugt. Deshalb sieht er es als echtes Plus an, wenn Kameraden der freiwilligen Feuerwehr zum Personalstamm der Unternehmen gehören. "Uns hilft deren detaillierte Ortskenntnis, im Ernstfall zählt jede Minute", pflichtet Peter von Geyso dem Unternehmer bei. Das Angebot zu Übungseinsätzen und Lerneinheiten zur Feuerlöscherhandhabung kommt hinterher.
Ein solches Miteinander befürwortet auch Steffen Walther. Doch für den Geschäftsführer des in Naumburg ansässigen Versicherungskontors Martens & Prahl zählt nicht allein die Freiwilligkeit. "Unternehmer sind für den vorbeugenden Brandschutz verantwortlich." Ausweisung von Rettungswegen, Brandschutzkonzepte, Notfallvorsorge, Mitarbeiterschulungen: alles hänge natürlich von der Firmengröße, der räumlichen Situation und den eingesetzten Gütern ab. "Aber aus der Pflicht ist niemand."
Für den Ernstfall braucht es die Feuerwehr. Die ist in Gräfenhainichen durchaus gut aufgestellt. 187 Kameraden zählen zur Einsatzabteilung. "Aber 40 Prozent davon sind in der Woche nicht hier vor Ort, arbeiten auf Montage oder in anderen Städten", erklärt Peter von Geyso. Einsatzbereitschaft können nur die Kameraden in Gräfenhainichen und den Ortsteilen garantieren. Und dafür müssen sie im Falle des Falles auch die Arbeit sein lassen können, ohne den Verlust das Arbeitsplatzes befürchten zu müssen.