Königin wieder bei Stimme Königin wieder bei Stimme: Dietrichsdorfer sammeln für Sanierung der Orgel

DIETRICHSDORF/MZ - Staunende Blicke gingen hoch zur Empore in der kleinen Dietrichsdorfer Pauls-Kirche. Was Stadtkirchenkantorin Heike Mross-Lamberti beim Festgottesdienst am Sonntag der frisch sanierten Orgel entlockte, hatten die Zuhörer hier lange nicht in dieser Qualität gehört. „Ich bin im Jahr 2000 gekommen und habe sie nicht voll funktionsfähig erlebt“, umriss die Kantorin ein lange währendes musikalisches Defizit, das nun ein Ende gefunden hat.
Die Seele wiedergewonnen
„Die Orgel hat ihre Seele wieder gewonnen“, so der Wittenberger Pfarrer Johannes Block in seiner Predigt. Das sei ein besonderer Tag, der spüren lasse, dass ohne Musik der Orgel etwas fehle. „Luft, Geist, Musik hängen oft auf geheimnisvolle Weise zusammen. Die Menschen atmen auf, wenn sie von Musik durchweht werden.“ Menschen zum Singen zu animieren sei die vornehmste Aufgabe der Orgel in einer Kirche, und Singen könne eine Art Seelsorge sein.
Und so drehte sich in dem von Pfarrerin Kristin Jahn geleiteten Gottesdienst alles um Gesang und Musik, vom Lied „Ich singe dir mit Herz und Mund“ bis zu dem schönen Satz, dass Glaube und Musik Dinge sind, die nie ganz fertig sind. Vor allem wurde jenen gedankt, die zur Sanierung beigetragen haben, allen voran denen, die den Eigenanteil der Gemeinde aufbrachten.
„Ich bin stolz auf meine Dietrichsdorfer“, sagte Sabine Schmidt vom Gemeindekirchenrat. Insgesamt 3.300 Euro waren an Spenden eingeworben worden, allein an einem einzigen Tag wurden bei der Sammelaktion in Dietrichsdorf, Külso und an der Külsoer Mühle 1.670 Euro gezählt. Die politische Gemeinde gab 1.000 Euro dazu. „Das ist für 198 Einwohner eine beachtliche Leistung“, lobte Sabine Schmidt die Bereitschaft zu Geben. Letztlich hatte sich dies als von Vorteil erwiesen, denn die Kosten stiegen auf über 16.000 Euro, größtenteils getragen von der Landeskirche und dem Kirchenkreis.
Grund waren zusätzliche Ausgaben für die Decke, von dort war Farbe abgeblättert und in die Orgel hineingefallen. Auch sonst hatte Orgelbauer Rainer Wolter aus Dresden, der schon etliche Orgeln im Landkreis saniert hat, reichlich zu tun. Die hölzernen Teile hatten, nach einer Holzschutzmittel-Behandlung zu DDR-Zeiten, vor Kristallen nur so geglitzert. Hölzerne Pfeifen mussten ausgebessert werden, das Manual hatte sich im Laufe der Zeit regelrecht gewellt. „Ein Teil ging gar nicht mehr“, sagte Heike Mross-Lamberti. Vor jedem Spiel testete der jeweilige Organist, was noch brauchbar war.
An den knapp 600 Pfeifen schließen nun wieder die Ventile ordentlich, die Luft strömt vor allem nicht mehr durch eine undichte Pappröhre vom Dachboden herab. Noch vorhanden, aber nicht mehr in Betrieb ist das mechanische Tretwerk für den Blasebalg. Doch nicht nur klanglich ist das 1871 von der Wittenberger Firma G. A. Friedrich gebaute Instrument wieder perfekt. Auch die Prospektpfeifen aus Zink haben neuen aus einer Zinn-Blei-Legierung Platz gemacht und strahlen wieder silbrig.
Künftig Hochzeitskirche
Binnen drei Wochen wurde die Dietrichsdorfer Orgel saniert. Sie wird künftig mehr Brautpaare auf ihren Weg in die Ehe begleiten, denn durch die Sanierung der Wittenberger Stadtkirche wird die Dietrichsdorfer Kirche zur Hochzeitskirche. Mit Psalm 98, „Singet dem Herrn ein neues Lied“, feierten die Dietrichsdorfer ihre schmucke kleine Orgel, an der man nun wieder alle Register ziehen kann.