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Verhafteter "König von Deutschland" König von Deutschland wird in Wittenberg verhaftet

Von Michael Hübner 08.06.2016, 17:12
In Reinsdorf, einem Ortsteil von Wittenberg, residierte bis zum Mittwochvormittag der selbst ernannten König von Wittenberg.
In Reinsdorf, einem Ortsteil von Wittenberg, residierte bis zum Mittwochvormittag der selbst ernannten König von Wittenberg. Baumbach

Reinsdorf - Es sind Szenen wie in einem Actionkrimi: Die Polizeibeamten sind darauf aber bestens vorbereitet. Sie rechnen mit hartnäckiger Gegenwehr und rollen fast geräuschlos am Mittwoch kurz nach 10 Uhr - es gibt nur zwei Augenzeugen - in zwei Transportern in Reinsdorf am Bahnhof 4 an.

Hier lebt - so hat es die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt - im Bereich eines ehemaligen Betriebsgeländes der gesuchte Peter Fitzek. Offiziell gemeldet ist er aber im Wittenberger Ortsteil nicht. Trotzdem erweist sich die Info als richtig. Am Namensschild steht: „Peter, Menschensohn von Horst und Erika Fitzek“.

Der 50-Jährige ist allerdings besser bekannt als der selbst ernannte König von Wittenberg. Acht Einsatzkräfte müssen den vermeintlichen Monarchen am amtlichen Sitz des Vereins „Ganzheitliche Wege“ überwältigen und einen Haftbefehl vollstrecken.

Anhänger überrascht

„Er hat sich gewehrt. Aber es gab keine Verletzte“, bilanziert auf MZ-Anfrage Polizeisprecher Maik Strömer das professionelle Agieren der Polizisten. Die Anhänger vom „Souverän“ bemerken die Aktion überhaupt nicht, können nicht eingreifen oder helfen, wie am Nachmittag ein junger Mann im T-Shirt mit der Aufschrift „Königreich Neudeutschland - Bauteam“ der MZ verrät.

Dagegen überrascht der Widerstand des Wahl-Reinsdorfer bei seiner Festnahme nicht. „In seiner Jugendzeit war ich sein Judo-Trainer“, erinnert sich Ortsbürgermeister Reinhard Rauschning (SPD). Sein Schützling habe sich den „braunen Gürtel“ - der höchste Schülergrad in der DDR - erkämpft. „Er war sehr ehrgeizig und konnte nie aufgeben. Er war nicht der Junge, mit dem Übungen zu Demonstrationszwecken gemacht werden konnten“, erinnert sich der Kommunalpolitiker an Trainingseinheiten in der Piesteritzer Turnhalle „Pappelbrücke“.

Fitzek wechselt im Erwachsenenalter die Sportart und wird Karate-Lehrer. Zuletzt verliert er einen Schaukampf in der voll besetzten Wittenberger Stadthalle deutlich. Und der Kampfsportler kann auch am Mittwochmittag vor der Haftrichterin am Landgericht in Halle - in der Saalestadt liefert die Polizei den Mann ab - nicht punkten. Hier werden dem ehemaligen Piesteritzer Spielotheken-Mitarbeiter und gelernten Koch die aktuellen Vorwürfe präsentiert. Die Liste ist lang und füllt ganze Zeitungsseiten.

Liste der Vorwürfe ist lang

Die Rede ist vom Verstoß gegen das Kreditwesengesetz und von 27 Fällen der schweren Untreue. „Der Angeschuldigte soll zwischen April 2009 und April 2013 von Wittenberg aus über ein Internetportal eine sogenannte „Kooperationskasse“ betrieben und hierüber Bankgeschäfte in Form von Anlagegeschäften abgewickelt haben“, sagt Wolfgang Ehm.

Dabei sollen nach Angaben des Pressesprechers des Landgerichts Halle Anleger dazu gebracht worden sein, im Vertrauen auf einen jederzeit bestehenden Rückzahlungsanspruch größere Summen bei der „Kooperationskasse“ anzulegen.

Ihnen sei dabei zugesichert worden, das Geld werde entweder zur Finanzierung gemeinwohlorientierter Unternehmungen verwendet oder in stabile Sachwerte investiert. „Insgesamt sollen Spareinlagen in Höhe von mehr als 1,7 Millionen Euro eingezahlt worden sein. Der Angeschuldigte soll dann 27 Barabhebungen in Höhe von insgesamt 1,3 Millionen Euro vorgenommen und das abgehobene Geld abredewidrig für eigene Zwecke verwendet haben“, so Ehm.

Fitzek hat sich gegen die Vorwürfe verbal heftig zur Wehr gesetzt. Seine Gegenrede ist für einen Haftprüfungstermin ungewöhnlich lang. Doch der Wittenberger kann dabei nicht überzeugen. Die Haftrichterin ordnet Untersuchungshaft an. Seit Mittwochnachmittag sitzt Peter Fitzek in Haft.

Verteidigung hinter Gittern

Damit hat der vermeintliche Monarch, der im Wittenberger Stadtzentrum auch illegal die „Königliche Reichsbank“ betrieb und dafür von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zu Zwangsgeldern in Höhe von 1,9 Millionen Euro verdonnert wird - nie und nimmer gerechnet. „Zum Glück entscheidet nicht die Bafin, ob ich in den Knast muss. Vor Gericht werde ich beweisen, dass meine Bank gegen kein BRD-Gesetz verstößt“, gab er einer Boulevardzeitung zu Protokoll.

An seiner Verteidigung muss er jetzt allerdings hinter Gittern arbeiten, weil offensichtlich - und das ist ein Haftgrund - akute Fluchtgefahr besteht. Und geht alles schief, erklärte der gebürtige Hallenser einst, habe er noch einen Koffer in Paraguay. Dort warte ein Grundstück auf ihn, brüstete sich der „Staatsführer“ im Gespräch mit der MZ. „Wer dann was von mir will, kann lange suchen“, erklärte er. Seine Reisepläne nach Südamerika kann er vorerst auf Eis legen. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, droht eine mehrjährige Haftstrafe. (mz)