Kulturelle Bildung bei Luther In Wittenberg gibt es einen Schnupperkurs in Gebärdensprache
Zu den Ferienkursen der Luther-Museen in Wittenberg gehört ein ganz besonderes Angebot, bei dem Kindern gezeigt wird, wie man sich auch ohne Worte verständigen kann.

Wittenberg/MZ - Für die einen ist er schwer, für andere heiter: der Anfang. Vor allem spannend dürfte er für jene sechs Mädchen und Jungen gewesen sein, die an diesem Donnerstag in der Kulturellen Bildung der Luther-Museen in Wittenberg einen Schnupperkurs für Gebärdensprache besuchen. Nach einer Stunde können sie immerhin ihre Namen nennen und mitteilen, wie alt sie sind. Ohne Worte. Nur mit Hilfe des Fingeralphabets und einiger Gebärden. Für Kursleiter Marcel Sauer ein Grund zu applaudieren. Es geschieht geräuschlos, aber die Geste ist eindeutig.
Gäste aus Leipzig
Sauer kommt – wie seine Kollegin Sheila Zeidler – vom Unternehmen „GebärdenVerstehen“ aus Leipzig. Im Gegensatz zu Zeidler ist er tatsächlich gehörlos. Nachdem die Übertragungstechnik in der Museumspädagogik ihren Dienst versagt hat, improvisiert Sauer, man rückt zusammen, schaut auf den Laptop – und ganz besonders auf den Gast aus Leipzig, sein Gesicht, seine Hände. Fragen werden gestellt, etwa nach der Stimme. Dass viele Gehörlose ihre Stimme nicht benutzen, erklärt Zeidler. Warum das so ist? Weil sie beispielsweise die Lautstärke nicht kontrollieren können, da sie ja nichts hören.
„Sprachrohr der Familie“
Dass Zeidler die Gebärdensprache beherrscht, liegt auch in ihrer Biografie begründet. Die Mutter etwa sei gehörlos, so ist sie bilingual aufgewachsen. Früh übernehme man Verantwortung, weil man viel übersetzt. „Man wird auch das Sprachrohr der Familie“, sagt Zeidler, die es wichtig findet, dass Hörende sensibilisiert werden und das möglichst früh.
Insoweit sei auch der Schnupperkurs in Wittenberg genau das Richtige. Und die Kinder dort sind hochmotiviert; mindestens in einem Fall gibt es, wie ein mit angereister Vater erklärt, in der Verwandtschaft ein Kind mit einer Hörschädigung. Zwei Teenager sagen, dass sie sich ganz allgemein für Sprachen interessieren.
Bezug zur Escape-Schau
Nun kommt der Schnupperkurs bei den Luther-Museen natürlich nicht von ungefähr. Er findet im Rahmen der Ferienprogramme der Museumspädagogik statt und im Umfeld zur aktuell laufenden Sonderausstellung „Tatort 1522“, dem Escapespiel zu Martin Luthers Übersetzung des Neuen Testaments vor 500 Jahren. Ein Ereignis, an das 2022 vielfältig erinnert wird. Bei www.luthermuseen.de sind Informationen zur Sonderschau und weiteren Angeboten online abrufbar. Bereits über 100 Schulklassen haben nach Auskunft von Ines Engebrecht-Schmuck von der Kulturellen Bildung der Luther-Museen in Wittenberg die im Juni eröffnete Ausstellung im Augusteum besucht. Auch Familien und Erwachsenen-Gruppen können Zeitfenster für zwei Räume buchen.
Bis ins Mittelalter
Über die Anfänge der Gebärdensprache und eines Gebärdenalphabets zur Verständigung von Gehörlosen heißt es bei den Luther-Museen, dass sie bis ins Mittelalter zurückverfolgt werden können. Demnach waren es Mönche, wie auch Luther einer war, welche die Zeichensprache begründeten, „denn auch ihnen verlangte das Schweigegelübde ab, sich anders als mit Worten zu verständigen“. Zu den weiteren Ferienprogrammen mit Bezug zur Escape-Schau gehörte laut Engebrecht-Schmuck auch ein Kurs zu Geheimschriften.