Holzkraftwerk gehört jetzt Stadtwerken
WITTENBERG/MZ. - "Wenn Mitteldeutschland ein ernstzunehmender Industriestandort sein will, spielt die Energiepolitik eine entscheidende Bedeutung", mahnte Böhmer in seiner freien Rede. Ihm sei die Diskussion um das Kraftwerk nicht entgangen, "das ist auch der Grund, hier öffentlich Flagge zu zeigen", so Böhmer. Es gehe auch um die Frage, "was wir uns zumuten müssen, um die Wirtschaft zu entwickeln".
Holzkraftwerke zum Beispiel. Allerdings stellt Böhmer ein "noch" davor. "Für mich gehören auf Chlorophyllsynthese basierende Energieformen nicht zu den Alternativen." Für ihnen seien Sonnen- und Windenergie die Zukunft, sagte Böhmer - um die Geschäftsführer der Leipziger Stadtwerke, Thomas Nautsch und Raimund Otto, auch gleich wieder zu beruhigen: So weit werde es erst in einigen Jahrzehnten sein, bis dahin seien Kraftwerke als "Hilfsmittel" für die Sicherstellung der Grundlast notwendig. Dazu gehört auch das Wittenberger Holzkraftwerk, für das Sachsen-Anhalt keine Fördermittel gezahlt hat. Im übrigen, erinnerte Böhmer, sei Braunkohle auch Biomasse, die Chlorophyllsynthese sei nur früher vollzogen worden.
Früher als geplant ist auch das Kraftwerk fertig geworden. Ursprünglich sollten die Generalunternehmen KAB Takuma und Austrian Energy & Environment ein halbes Jahr länger Zeit haben, der Gesetzgeber machte allerdings einen Strich durch die Rechnung. Freitagmorgen, kurz vor der offiziellen Feier mit etwa 70 Gästen, war das bis dahin im Probebetrieb befindliche Werk offiziell von den Generalunternehmern an die Stadtwerke übergeben worden. "Ich weiß nicht, ob ich mich mehr für die Stadtwerke oder mehr als Bürgermeister freuen soll", sagte der SWL-Aufsichtsratsvorsitzende und Leipziger Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht. Die Investition mache SWL zum Spitzenreiter bei der Einführung einer neuen Technologie und zeige auch, dass die kommunale Zusammenarbeit lebe. Imageprobleme wie die großen Konzerne hätten die kommunalen Stadtwerke jedenfalls nicht.
Und auch in Wittenberg fühlt man sich inzwischen offenbar angenommen - nach einem schweren Anfang. "Wir waren überrascht von den vielen kritischen Fragen und dem Gegenwind", räumte Geschäftsführer Otto ein. Wie sagte Wittenbergs Bürgermeister Torsten Zugehör (parteilos): "Jeder will Strom, aber keiner, dass er vor seiner Haustür produziert wird." SWL habe sich aber - und das wurde nicht nur von Zugehör attestiert - den Fragen offen gestellt. Otto erinnert an die Selbstverpflichtungserklärung oder die Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative "Dessauer Straße". Ein besonderes Mitbringsel, auf das die Stadtwerke offenbar stolz sind.