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Hochwasser in Wittenberg Hochwasser in Wittenberg: Rekorde im Katastrophenfall

Von Markus Wagner 06.06.2013, 17:58
60 Zentimeter mehr: Am Mittwoch haben es die Helfer in Boos geschafft. 800 Meter Deich sind jetzt fast so hoch wie die Nachbarabschnitte
60 Zentimeter mehr: Am Mittwoch haben es die Helfer in Boos geschafft. 800 Meter Deich sind jetzt fast so hoch wie die Nachbarabschnitte Achim Kuhn Lizenz

Wittenberg/MZ - Dem Landkreis Wittenberg drohen neue Rekordpegel an der Elbe. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hat für Sonnabendmittag einen Pegel von 7,17 Metern in Wittenberg geschätzt. Das sind elf Zentimeter mehr als 2002.

Keine Entlastung

„Die Werte sind wie sie sind“, sagt Flussbereichsleiter Frank Beisitzer. Man habe sich bei der Auswertung der Modellrechnungen offenbar dafür entschieden, auf „der sicheren Seite“ zu sein (siehe „Höchststände an der Elbe...“). In den Werten seien noch erhebliche Schwankungen möglich. Dass der Pegel über 2002 liege, könne man auch damit erklären, dass damals oberhalb Deiche gebrochen waren, die Entlastung für Wittenberg gebracht hatten.

Es sind auch nicht diese Hochrechnungen, die dem Landkreis den Katastrophenfall beschert haben. Um 10.50 Uhr hat ihn Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) festgestellt. Da ist bei Arnsnesta schon der Deich der Schwarzen Elster gebrochen. In Elster kämpft man um die ungeschützten Häuser. In Boos schwitzen Helfer beim Bau einer Sandsack-Erhöhung für den Deich. „Die Lage ist insgesamt komplex“, sagt Kreissprecher Ronald Gauert. Die ersten Feuerwehrmänner brauchen Pause: „Ohne überörtliche Hilfe schaffen wir das nicht mehr.“ Und das bedeutet: Die Bundeswehr muss ran. Die aber kommt nur im Katastrophenfall.

Tausende Sandsäcke auf dem Deich

Vor Ort wird man den neuen Status erst Mal nicht bemerken. „Die Einsatzleitung in den Kommunen bleibt weiter in der Verantwortung“, sagt Gauert. Der Kreis übernehme die übergeordnete Koordination - und ab sofort die Kosten für die Notmaßnahmen. Die machen sich langsam bemerkbar. In Boos sind tausende Sandsäcke verbaut worden, um den Deich zu erhöhen. Der war vor dem Hochwasser 2002 als Ausgleichsmaßnahme rückverlegt worden - und ist 80 Zentimeter niedriger als die benachbarten Deichabschnitte.

In Pretzsch kämpft man gegen Sickerstellen. „Der Park läuft schon langsam voll, jetzt fließt es in die Keller“, sagt Sigrun Leine, Leiterin des Kinder- und Jugendheims im Schloss. Die Kinder werden nun nach Wittenberg und in Außenstellen gebracht - wenn sie nicht ein verlängertes Wochenende bei ihren Familien verbringen können. „Das ist eine vorsorgliche Maßnahme“, sagt Leine, die selbst schon auf dem alten Deich rund ums Schloss stand und Sandsäcke stapelte. „Dass der Deich suppt, ist normal“, sagt Klaus-Dieter Kluge von der Bad Schmiedeberger Stadtverwaltung. Das kenne er gar nicht anders. Der Deich sei gesichert, die Feuerwehr vor Ort, die Lage unter Kontrolle. In Sachau sollte am Mittwoch noch ein Spezialdamm aufgebaut werden, um die letzten Häuser zu sichern. In Wittenberg sollen am Donnerstag die Helfer organisiert zum Einsatz kommen. Man werde sie von der Feuerwehr in Teuchel aus zur Kiesgrube bei Karlsfeld fahren, sagt Bürgermeister Torsten Zugehör. „Akute Notfälle haben wir nicht“, fügt er hinzu. Den meisten Aufwand hat die Stadt am Mittwoch zwischen Kuhlache und dem Sportfachgeschäft an der Dresdener Straße betrieben. Eine Senke ist mit schwerem Gerät geschlossen worden.

„Noch nicht problematisch“ schätzte Mittwochmittag Ortsbürgermeister Karl-Heinz Schröter (CDU) die Situation am Kliekener Elbdeich ein. Da hatte das Wasser knapp ein Drittel der Deichhöhe erreicht. In vier Abschnitten wird kontrolliert, dafür hat Schröter Freiwillige in der Einwohnerschaft gefunden, bewusst aber Mitglieder der Feuerwehr verschont: „Deren Kräfte brauchen wir, wenn es hart auf hart kommt“, sagt er. Wegen des hohen Bewuchses seien Sickerstellen jedoch nur schwer zu erkennen. „Zudem kann ich die Deichwachen nur bei Tageslicht gehen lassen, alles andere wäre unverantwortlich.“ Sandsäcke werden im Bedarfsfall bei den Stadtwerken angefordert. Schwierig würde die Verteidigung des alten Damms von Buro bis zum Kliekener Werder, der hat zur Hälfte keinen Deichverteidigungsweg, „das heißt, man müsste Kette bilden oder von der Wasserseite ran“. Das macht Steffen Gebauer vom städtischen Bauamt auch die meisten Sorgen. „14 Tage Dauerregen haben die Deiche durchweicht, die an einigen Stellen nur schwer zu verteidigen sind“, sagt er. 16 Kilometer Deich und sechs Kilometer Sommerdeich liegen auf städtischem Gebiet. Helfer können sich unter Tel.: 034903/61 01 13 oder 61 01 17 informieren. Sie werden vermutlich ab Freitag gebraucht.

Hochwasser-Lage im Landkreis Wittenberg
Hochwasser-Lage im Landkreis Wittenberg
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