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Heimatgeschichte in Wittenberg Heimatgeschichte in Wittenberg: Georg Spalatin, der Weichensteller

Von Martin Stolzenau 25.01.2020, 09:45
Hier könnte Georg Spalatin gewohnt und gewirkt haben. Eine Tafel in der Schlossstraße 14-15 in Wittenberg weist darauf hin.
Hier könnte Georg Spalatin gewohnt und gewirkt haben. Eine Tafel in der Schlossstraße 14-15 in Wittenberg weist darauf hin. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Georg Burckhardt, der sich nach seinem Geburtsort Spalt Spalatin nannte und dessen Todestag sich am 16. Januar zum 475. Mal jährt, hat wegen seiner umfassenden Bildung sowie seines politischen Pragmatismus eine steile Karriere unter Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen erlebt. Er genoss dabei eine „einzigartige Vertrauensstellung“, hatte maßgeblichen Anteil an der Wandlung des mächtigen Ernestiners vom Reliquiensammler zum Schutzherrn der Reformation und fungierte als einflussreicher Vermittler zwischen Martin Luther und dem Kurfürsten.

Das erhob ihn zu einem Weichensteller der deutschen Kirchenpolitik. Parallel widmete sich Spalatin zeitlebens intensiv historischen Forschungen und Veröffentlichungen.

Geschichte Sachsens notiert

Spalatin schrieb bereits als junger Prinzenerzieher in Torgau eine „Geschichte Sachsens“, verfasste später die Biografien Friedrichs des Weisen sowie Johanns des Beständigen, schuf die überhaupt erste Biografie zu Arminius, dem siegreichen Cheruskerfürsten, und veröffentlichte letztlich auch noch eine „Geschichte der Päpste und Kaiser des Reformationszeitalters“.

Die Wiege des einflussreichen kirchenpolitischen Weichenstellers der Reformationszeit stand in Mittelfranken. Er wurde am 17. Januar 1484 in Spalt geboren. Der Vater war als Rotgerber tätig. Der Junge offenbarte wohl schon früh einen großen Bildungshunger, absolvierte überaus erfolgreich die heimische Stiftsschule und durfte 1497 an die St. Sebaldusschule nach Nürnberg wechseln.

Viel konnten ihm seine neuen Lehrer nicht mehr vermitteln. Deshalb bezog er als Spalatin 14- jährig die damals renommierte Erfurter Universität. Er gewann schnell den Grad eines Baccalaureus und die Freundschaft von Nikolaus Marschalk, dem ersten Lehrer des Griechischen in Erfurt mit Humanismus-Vorlesungen, die den berühmten Erfurter Hochschulhumanismus begründeten. Das prägte Spalatin nachhaltig, führte ihn zu den Schriften Erasmus von Rotterdams und bewog ihn 1502, dem väterlichen Freund Marschalk bei dessen Wechsel zur neuen Universität nach Wittenberg zu folgen.

Er erwarb den Magistergrad, studierte zwei weitere Semester in Erfurt Jura, wobei er zu den Eckpfeilern des Humanistenkreises um Conrad Mutianus Rufus zählte, und übernahm für kurze Zeit eine Erfurter Hauslehrerstelle, ehe er als Novizenlehrer ins Kloster Georgenthal bei Gotha wechselte. Hier wurde er vom Weihbischof Johann Bonemilch von Laasphe, der auch Martin Luther ordinierte, 1508 zum katholischen Priester geweiht. Mit seiner umfassenden Bildung wurde der junge Spalatin noch 1508 an den kursächsischen Hof empfohlen, wo ihn Kurfürst Friedrich der Weise zunächst als Torgauer Prinzenerzieher berief und dann mit den Aufgaben eines Archivars, Geschichtsschreibers, Geheimsekretärs, Beraters, Hofpredigers und kurfürstlichen Beichtvaters betraute.

Spalatin wurde für den Kurfürsten unverzichtbar, pendelte zwischen Torgau und Wittenberg, übernahm den Ausbau der Wittenberger Universitätsbibliothek und kam über die Reuchlinfehde ab 1514 in engeren Kontakt zu Martin Luther.

Immer mittendrin

Aus dem humanistisch orientierten Priester an der Seite des Kurfürsten wurde ein reforminteressierter Lutheraner, der nun seinerseits Friedrich den Weisen lutherisch beeinflusste. Spalatin, der in der kurfürstlichen Kanzlei zudem für Universitäts- und Kirchenfragen verantwortlich war, begleitete den Landesherrn auf alle wichtigen Fürstentreffen und Reichstage, wo es im Gefolge von Luthers Reformationswirken bald immer kontroverser zuging. Mittendrin Spalatin als Berater, Vermittler und kirchenpolitischer Weichensteller.

Nach Friedrichs Tod 1525 setzte Kurfürst Johann der Beständige als Nachfolger die lutherische Kirchenpolitik fort. Spalatin, der mit Katharina Heidenreich aus Altenburg verheiratet war, ließ sich versetzen und wirkte fortan als Superintendent von Altenburg. Er organisierte im kurfürstlichen Auftrag die evangelische Kirche im ernestinischen Sachsen und begleitete den Landesherrn weiter als Berater zu Reichstagen. Aber zuletzt verfiel er angesichts der drohenden Kriegsgefahr zwischen dem katholischen und evangelischen Lager in tiefe Schwermut.

Am 16. Januar 1545 starb Spalatin in Altenburg. Seine letzte Ruhe fand er dort vor dem Altar in der Bartholomäuskirche.

Spalatins Nachlass mit Schaumünze

Spalatins erhaltener Nachlass gehört heute zum Bestand des Thüringer Hauptstaatsarchivs in Weimar.

Von Spalatin, der oft porträtiert wurde, sind mehrere Porträts wie die in den Museen von Leipzig und Karlsruhe überliefert. Dazu gibt es zu ihm eine Schaumünze im Schloss Friedenstein in Gotha. In Spalt und in Altenberg erinnern Denkmäler an den bedeutenden Kirchenmann. (mz)