Heideschule Schköna Heideschule Schköna: Schließung sorgt für Trauer

schköna - Ein letztes Mal ist die Tafel beschrieben. Eine Sonne, Blumen, Meer. „Frohe Ferien“ und „Abschied der 2. Klasse“ steht mit Kreide geschrieben. Aber es ist nicht nur ein Abschied von der 2. Klasse sondern viel mehr. Es ist die vorletzte Stunde in der Grundschule Schköna, der Heideschule im kleinen Ort, der Zwergenschule mit zuletzt 18 Mädchen und Jungen in der 2. und 3. Klasse. Die Grundschule schließt und so sind es auch die letzten Zeugnisse, die am Vormittag an die Kinder ausgegeben werden. Auf dem amtlichen Papier mit dem Wappen des Landes Sachsen-Anhalt wird es fortan nicht mehr den Zusatz „Grundschule Schköna“ geben, und es ist wohl auch nur eine Frage der Zeit, bis die fröhlichen Scherenschnitte aus den Fenstern verschwinden und das Fachwerkhaus an der Durchgangsstraße wie ein ganz normales Gemeindehaus aussieht. Da geht eine kleine Ära zu Ende, die 1992 begann und nur wenige Schülergenerationen dauerte. Wer damals zu den ersten Abc-Schützen der Grundschule gehörte, könnte inzwischen freilich selbst schon wieder Kinder haben.
Zwergapfelbaum und Giftblätter
Isabell, Silja, Henry, Paul, Leon, William und all die anderen sind davon noch weit entfernt. Am Freitag sitzen sie im Stuhlkreis in ihrem Klassenraum. Eben haben sie noch in der Kita des Ortes einen Zwergapfelbaum gepflanzt, nun ist die entscheidende Stunde herangerückt. Es gibt Giftblätter und dann sind Ferien. Endlich. Ganz klar überwiegt bei den Kindern die Freude auf den Sommer. Das neue Schuljahr an einer neuen Schule ist erst einmal noch fern.
Im Stuhlkreis sitzen die Mädchen und Jungen mit ihrer Lehrerin und Schulleiterin Renate Puschkasch und einigen Müttern. Puschkasch macht es spannend. Sie gibt ein paar Hinweise und lässt ihre Schützlinge raten, wen sie mit ihrer Beschreibung von Fortschritten im letzten Schuljahr meint. Fast immer ist die Lösung richtig. Kein Wunder, bei nur neun Kindern in einer Klasse. Da kennt man sich sehr genau. Das war auch für Sandy Peters der Grund, die Zwillinge Henry und William hier einzuschulen. „Wegen der kleinen Klassen und der individuellen Betreuung war das eine sehr bewusste Entscheidung“, sagt die Mutter; die Familie lebt in Tornau.
Ab September steht die neue Schulbank der beiden Jungs in Bad Düben, in Sachsen. „Mit einem Zweitwohnsitz geht das“, erklärt die Mutter, und die Söhne freuen sich auf den Wechsel, denn „da treff’ ich einen Freund aus dem Kindergarten wieder“, sagt Henry. „Sie halten sich tapfer“, findet Sandy Peters. Da geht dieser allerletzte Schultag den Erwachsenen doch mehr ans Gemüt.
„Sie haben ausdauernd und lange gekämpft für ihre kleine Schule im Ort“, richtet sich Renate Puschkasch in der nun wirklich letzten Unterrichtsstunde an die großen Zuschauer im Hof. Natürlich gibt es keinen Unterricht sondern ein kleines Programm, das am Nachmittag mit noch mehr Eltern und Großeltern beim Abschiedsfest wiederholt wird. „Es ist ein ganz schlechtes Gefühl. Wir haben lange gekämpft und es hat doch nicht geklappt“, mein Rainer Uhlig. Mit der Kamera steht er am Rand, schaut und filmt, wie Sohn Ben die „Ode an die Freude“ am E-Piano spielt. Dann wird eine kleine Geschichte von den Schildbürgern geboten. Und wie ein schlechter Schildbürgerstreich scheint ja auch die Geschichte der letzten Jahre der Grundschule. Gut zehn Jahre waren die Eltern im Dauerkampf. Eine Schließung wurde zunächst abgebogen und nun ist sie doch gekommen, wenn auch mit langer Vorbereitung, denn dass die nötigen 52 Kinder in Schköna auf Dauer nicht erreicht werden, zeichnete sich ab. Wohl auch, weil manche Eltern nicht mit der Unsicherheit leben wollten und ihre Kinder gleich in Gräfenhainichen und Bad Düben einschulen ließen.
Gemeinde zieht ein
„Jetzt kann man sich in Schköna nur noch beim Fleischer und auf dem Friedhof treffen“, sagt Rainer Uhlig bitter und erzählt, dass seine Frau sogar diese Schule besuchte. „Mal sehen, was nun draus wird.“
„Die Gemeinde wird die Räume übernehmen“, erzählt Renate Puschkasch, für die am Freitag elf Jahre in Schköna zu Ende gingen. „Ich bin mit der Aussicht auf ein, zwei Jahre hierhergekommen, nun sind es doch ein paar mehr geworden.“ Schöne Jahre waren es, besondere, „weil die Schule so klein ist“. Puschkasch wird mit dem neuen Schuljahr in Zschornewitz, ihre Kollegin Antje Schulze in Rösa unterrichten. „Da haben wir dann Schülerzahlen, die eher Normalität sind.“ Die Kinder in Zschornewitz dürfen sich auf eine sehr gut benotete Lehrerin freuen. Von der 2. und 3. Klasse aus Schköna gab es am Freitag ein Zeugnis für die Lehrerin. „Faire Noten“ und „leichte Prüfungen“ bescheinigen die Kinder Renate Puschkasch. „Ich habe ja schon ewig kein Zeugnis mehr bekommen“, freut sie sich. Dann gibt es für alle Kinder Geschenke vom Kreiselternrat, ein Shirt mit Fotodruck vom Schulhaus und ganz viel Platz auf dem Rücken, um alle Namen drauf zu schreiben. In die Zeugnisausgabe schrillt die Feuerwehrsirene oben auf dem Dach. „Die gratulieren“, scherzen die Kinder. Womöglich war es aber auch ein Abschiedsgruß. (mz)