1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Handwerk in Pretzsch: Handwerk in Pretzsch: Wieder Brot und Kuchen in alter Bäckerei

Handwerk in Pretzsch Handwerk in Pretzsch: Wieder Brot und Kuchen in alter Bäckerei

Von Marcel Duclaud 04.01.2016, 18:11
Seit Montag gibt es wieder frische Backwaren: Ines Bernhardt (li.) und Marianne Schütze im Verkaufsraum der einstigen Pretzscher Bäckerei.
Seit Montag gibt es wieder frische Backwaren: Ines Bernhardt (li.) und Marianne Schütze im Verkaufsraum der einstigen Pretzscher Bäckerei. klitzsch Lizenz

Pretzsch - Das Aufatmen ist allgemein. „Gott sei Dank“ sagen die Kunden oder „Ich freue mich riesig“ oder „Ich drücke Ihnen die Daumen“. Im Haus der traditionsreichen Bäckerei Schütze werden seit gestern wieder Brötchen, Brot und Kuchen verkauft. Was anderswo kein größeres Aufsehen erregen würde, ist in Pretzsch anders. Die einstige Stadt fürchtet um ihre Versorgung. Dass die Filiale im November schließen musste, hatte sich in die Reihe schlechter Nachrichten eingereiht - zumal auch der Backshop im Edeka betroffen war.

Der Gedanke, „es hat sowieso alles keinen Zweck“, der müsse verschwinden aus Pretzsch. Das sagt Lothar Schütze und freut sich, dass es einige vielversprechende Ansätze gibt. Insbesondere den Eberhardinen-Verein meint er. Auch Ortsbürgermeisterin Diana Skowronek ist zufrieden mit den verschiedenen Initiativen, die den Ort beleben und zeigen, dass es lohnt, sich zu engagieren. Ihr großer Wunsch für das neue Jahr lautet: eine bessere Verkehrsanbindung, möglichst mit Bus und Bahn. Das existierende Angebot sei alles andere als ausreichend. Die Kooperation mit dem Bäcker aus Rabenstein zeige zudem, dass es sinnvoll sei, über Ländergrenzen hinaus die Zusammenarbeit zu suchen.

Am Anfang des Jahres nun die gute Neuigkeit, frische Backwaren werden weiterhin gehandelt im Laden in der Wittenberger Straße. Dafür eingesetzt, dass es weiter geht, haben sich Marianne und Lothar Schütze, das Paar, das über Jahrzehnte hinweg die Bäckerei betrieb, die seit 1650 existiert und die Lothar Schütze dereinst von seinem Vater übernahm. „Wir waren mit Herz und Seele dabei“, sagt Marianne Schütze, 76 Jahre alt, die ebenfalls aus einer Bäckerfamilie stammt, aus Dommitzsch. Sie hatten den kleinen Betrieb fortgeführt so lange es ging, später übernahm die Bäckerei Ungethüm aus Groß Naundorf die Belieferung. Die allerdings musste Insolvenz anmelden, was eine Schließung aller acht Filialen zur Folge hatte - auch der beiden in Pretzsch.

Das Ehepaar Schütze aber möchte, dass es weiter Backwaren gibt in ihrem Haus, dass „die Versorgung auf dem Dorf erhalten bleibt“. Die beiden haben also Kontakt aufgenommen zu Bäckereien in der Region. „Nicht alle“, berichtet Marianne Schütze, „waren zugänglich.“ Gut ein Dutzend Anfragen brauchte es bis endlich die Zusage kam - und zwar aus Rabenstein. Die dortige Bäckerei beliefert seit gestern die Filiale in Pretzsch.

Das erleichtert viele. Den 79-jährigen Lothar Schütze zuallererst. Bis vor wenigen Monaten hat er sogar noch einen besonderen Service angeboten und Brötchen vor die Haustür der Kunden gefahren. „Ich bin zuversichtlich, dass es jetzt funktioniert. Die Pretzscher sind manchmal schwierig, aber die Bäckerei hat ihre Anhänger.“

Das zeigt sich gestern Vormittag eindrucksvoll. Viele Pretzscher kommen, sind neugierig auf die Produkte aus Rabenstein. Unter ihnen ist Heidrun Rippert: „Die Bäckerei ist nicht zuletzt ein Anlaufpunkt, ein Ort, wo man einen Schwatz halten kann. Und wegen zwei Brötchen nach Bad Schmiedeberg fahren, das geht ja nicht.“

Hocherfreut ist überdies Ines Bernhardt, eine der Verkäuferinnen. Seit 2002 arbeitet sie bereits in der Bäckerei, im November musste sie zum Arbeitsamt: „Super, dass es hier jetzt weitergeht. Ich habe das immer gehofft.“

Das findet auch die Ortsbürgermeisterin von Pretzsch, Diana Skowronek. „Das ist ein guter Tag für den Ort.“ Gerade in der Weihnachtszeit habe sich gezeigt, dass eine Bäckerei fehlt. Sie bedankt sich besonders bei Familie Schütze, die auch hätte sagen können, wir wollen unsere Ruhe, wir haben genug getan. „Toll, dass sie sich weiter engagiert.“ (mz)