Gymnasium in Wittenberg Gymnasium in Wittenberg: Das Haus Melanchthon wird modern

Wittenberg - Als das Königliche Gymnasium 1888 in Wittenberg offiziell eingeweiht wurde, dauerten die Feierlichkeiten ganze drei Tage. Auf der Speisekarte standen unter anderem Ochsenschwanzsuppe sowie gebratener Zander und finanziert wurde das Fest von der Stadt. Dass setzt Maßstäbe für 2020.
Bis dahin soll nämlich die Komplettsanierung des denkmalgeschützten, von Franz Schwechten entworfenen Hauses mitsamt der zugehörigen Turnhalle abgeschlossen sein. Rund 300 Schüler des Luther-Melanchthon-Gymnasiums werden Ende 2020 wieder in das historische Melanchthon-Schulhaus einziehen und auch die Abiturfeierlichkeiten können dann wieder in der prachtvoll ausgestatten Aula durchgeführt werden.
Dass dortige Wandbild mit einer Darstellung Luthers auf dem Reichstag zu Worms bot am Montag eine würdige Kulisse für die Überreichung von gleich vier Fördermittelbescheiden. Sachsen-Anhalts Finanzminister André Schröder überreichte die Dokumente, die dank Geld vom Land sowie aus dem Europäischen Strukturmittelfonds eine Wiederinstandsetzung des 2006 aus brandschutztechnischen Gründen geschlossenen Gebäudes ermöglichen.
Insgesamt 7,2 Millionen Euro fließen in die Komplettsanierung; 70 Prozent der Kosten werden über die Fördermittel abgedeckt; 30 Prozent beträgt der Eigenanteil des Landkreises, der darüber hinaus 1,4 Millionen Euro in die Gestaltung der Außenanlagen investiert. „Für uns alle ist das ein ganz besonderer Tag“, bekannt freudestrahlend Landrat Jürgen Dannenberg (Linke).
Vor 46 Jahren Abitur
Auch Reiner Haseloff (CDU) hatte es sich nicht nehmen lassen, der Zeremonie beizuwohnen. Er hatte es noch pünktlich nach der Krisensitzung von CDU und CSU zur Asylpolitik geschafft, von Berlin nach Wittenberg zu kommen.
Schließlich hat der Ministerpräsident einst in der Aula seine Abiturprüfungen abgelegt – zusammen mit dem langjährigen Schulleiter des Luther-Melanchthon-Gymnasiums Michael Sandau übrigens. Es sei mittlerweile 46 Jahre her, dass er sagen konnte: „Ich bin hindurch“, gab Haseloff launig zu Protokoll.
Zudem sei seine Mutter nach dem Krieg hier untergebracht gewesen. Als Patientin, denn nach 1945 wurde das Gebäude als Hilfslazarett genutzt.
Es sind Schüler aus der neunten Klasse, die theatralisch auf verschiedene historische Episoden des Gebäudes verweisen: Der Gang durchs Treppenhaus hinauf in die Aula wird zum Gang durch die Geschichte von der Monarchie und die Weimarer Republik über den Nationalsozialismus und die Besatzungszeit bis zur DDR und die Zeit nach der Wiedervereinigung. Das Haus sei ein richtiges Museum, dessen Geschichte eng mit der Stadtgeschichte verbunden sei, befindet denn auch der Ministerpräsident.
Und er verweist mit dem einstigen Schüler Richard Wiener, der als Jude im Dritten Reich der Schule verwiesen wurde und nur durch Flucht nach England dem Holocaust entkam, auf eine der schwierigen Zeiten in der Geschichte der Lehranstalt.
Dem ausführenden Architektenbüro Schwarz und Stumat aus Halle wünschte er indes ausdrücklich, „dass Sie moderne Architektur in das historische Gebäude integrieren“. Weil auch das 21. Jahrhundert eigene Impulse setzen sollte, und nicht zuletzt, „damit die jungen Leute sich nicht wie in einem Museum fühlen“. Es gehe darum, einen Weg von der Geschichte ins dritte Jahrtausend zu weisen.
Hundertwasserhaus zu eng
Traditionen zu pflegen und zugleich die aktuellen Herausforderungen an Bildung und Erziehung anzunehmen – daran ist auch Schulleiterin Anja Aichinger gelegen. Nicht zuletzt die Junior-Big-Band des Gymnasiums verdeutlichte am Montag hörbar und anschaulich, wie das gehen kann. Mit der Komplettsanierung sei nun ein Weg geebnet, so Aichinger, „der Bildung beste Rahmenbedingungen zu geben“. Denn mit über 1.000 Schülern erweist sich das Hundertwasserhaus zunehmend als zu beengt für eine optimale Unterrichtsgestaltung.
Einige der aktiven Musiker und Schauspieler der Schule werden wohl noch in den Genuss kommen, ihre Abiturprüfungen wieder im Haus Melanchthon abzulegen – wenn der Zeitrahmen eingehalten wird. Die ersten Sanierungsmaßnahmen beginnen in den nächsten Wochen. (mz)
