Gräfenhainichen Gräfenhainichen: Ambau steigt auf dem Flugplatz ein
GRÄFENHAINICHEN/DESSAU/MZ. - Anfang Mai klang es nach Zweckoptimismus. "Wir führen Verhandlungen", sagte damals Insolvenzverwalter Ralph Bünning, "die weiter eine Gesamtlösung zu lassen." Die ehemaligen Beschäftigten des Stahl- und Blechbearbeitungszentrums (SBBZ) Dessau mochten das längst nicht mehr glauben.
Drei Monate später aber gibt es neue Hoffnung: Die Ambau GmbH mit Hauptsitz im brandenburgischen Mellensee hat die Produktionsstätte auf dem Gewerbegebiet Flugplatz übernommen und will dort Komponenten für Windkraftanlagen fertigen lassen. Die Ambau GmbH ist in der Region kein Unbekannter. 1993 vom geschäftsführenden Gesellschafter Joachim Görlitz und seinem Vater in Sperenberg gegründet, begann der Anlagenbauer mit 35 Mitarbeitern, übernahm 1997 einen Standort in Gräfenhainichen, expandierte 2004 nach Bremen und eröffnete 2008 eine neue Fertigungsstätte in Cuxhaven. 700 Mitarbeiter beschäftigt die Ambau GmbH heute.
"Mit unseren jetzt fünf Werken und der damit verbundenen hohen Fertigungstiefe sind wir bestens auf den starken Wachstumsmarkt im Bereich der erneuerbaren Energien vorbereitet", erklärte Görlitz den strategischen Schritt nach Dessau. "Der Maschinenpark war für uns interessant, aber auch die Nähe zu unserem Standort in Gräfenhainichen und zur Autobahn", so Kai Simon, ein Sprecher der Ambau-Gruppe. Ziel sei es, die Werke effizient zu vernetzen.
Bis Ende des Jahres sollen die Restrukturierungsmaßnahmen abgeschlossen sein, um dann sukzessive mit der Produktion beginnen zu können. Wie viele Arbeitsplätze in Dessau entstehen, wird sich zeigen. "Wir sind jetzt mit einer Hand voll Leute gestartet", sagte Simon. Frank Lennicke sei der alte und neue Werkleiter. "Zur Zeit sind Ambau-Kollegen aus Gräfenhainichen drüben und helfen beim Neustart." An die ehemaligen SBBZ-Mitarbeiter werde gedacht.
Die unendliche Geschichte um das SBBZ könnte damit doch noch ein gutes Ende nehmen. Die 30 Millionen Euro teure Fertigungsstätte sollte die ehrgeizige Dessau-Hamelner Cemag-Gruppe in Sachen Zementanlagenbau zu einem Komplettanbieter machen, den Wertschöpfungsprozess innerhalb der Holding erhöhen - und auch das Gewerbegebiet auf dem Flugplatz füllen. Weitere Flächen waren schon reserviert. Doch der Höhenflug endete abrupt: Im Juli 2009 musste die Unternehmensgruppe des Iraners Memari Fahrd Insolvenzantrag stellen. Die CMP AG übernahm die Geschäfte der Cemag-Gruppe, nicht aber das SBBZ, das beim Insolvenzverwalter blieb. Bis Oktober 2009 wurden Restaufträge abgewickelt. Am November 2009 hatten die Mitarbeiter nichts mehr zu tun. Trotz namhafter Interessenten aus der Region erhielt Ende 2009 eine Aktiengesellschaft den Zuschlag, die im Schweizerischen Kanton Thurgau ihren Sitz hat. Obwohl daran ein Unternehmer aus dem Kreis Anhalt-Bitterfeld beteiligt ist, sorgte die Entscheidung von Anfang an für Misstrauen unter den Beschäftigten. Die Privatisierung scheiterte. Im Mai hatte das SBBZ noch eine Mitarbeiterin.
"Wir waren kurz vor einer Zerschlagung des Unternehmens", bestätigte Ralph Bünning von der Bremer Kanzlei Schubra. Die teuren Maschinen der SBBZ hatte Interesse geweckt. "Es waren viele Schnäppchenjäger unterwegs." Die aber kamen nicht zum Zug. "Ich bin froh darüber", sagte Bünning, "dass wir am Ende doch noch eine für alle Beteiligte akzeptable Gesamtlösung gefunden haben."