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Gemeinschaftsschule in Wittenberg Gemeinschaftsschule in Wittenberg: Der andere Weg

Von Karina Blüthgen 25.01.2016, 16:59
Biolehrer Ralf Röger macht ein Quiz mit Lena und Frieda (hinten).
Biolehrer Ralf Röger macht ein Quiz mit Lena und Frieda (hinten). klitzsch Lizenz

Wittenberg - Ruhige Minuten hat Tina Dietrich kaum. „Die Eltern haben viele Fragen und sind sehr interessiert“, sagt die Sekretärin in der Gemeinschaftsschule Friedrichstadt und reicht fast im selben Augenblick ein neues Anmeldeformular über den Tisch. Es ist Tag der offenen Tür in der Einrichtung, und zwar speziell für die fünften Klassen. Jene, die im Herbst als Gemeinschaftsschule begonnen haben, zeigen den künftigen Fünftklässlern sowie den Eltern, was anders ist in der Sandstraße.

Entscheidung nicht bereut

Charlotte und Sven Voigt aus Wittenberg haben mit ihren zwei jüngeren Töchtern die Chance genutzt. Denn die älteste Tochter Jessica ist jetzt in der fünften Klasse. „Die Schwestern wollten mal gucken“, verrät Charlotte Voigt. Sie selbst sei „begeistert, was so geboten wird“. Besonders ansprechend findet sie, dass die Kinder hier, ohne sich zu früh entscheiden zu müssen, die Möglichkeit haben, ihr Abitur zu machen. Für beide Eltern steht fest, dass sich Jessica sehr gut entwickelt habe. „Wir haben es nicht bereut. Das Team ist hier sehr experimentierfreudig, das ist nicht der starre Frontalunterricht.“

Seit Schuljahresbeginn, nach einem dreitägigen Kennenlern-Camp, heißt es für die Fünftklässler, gemeinsam zu lernen. „Es ist eine gute Mischung, es gibt eine Reihe von Schülern mit Gymnasialempfehlung und auch einige mit Lernschwierigkeiten“, beschreibt Schulleiterin Ines Petermann das Modell der Gemeinschaftsschule. „Sie ergänzen sich gut. Viele haben Stärken, die nicht in Noten zu fassen sind. Es ist auch nicht so, dass jemand ausgegrenzt wird“, so ihre bisherige Erfahrung. „Im Gegenteil haben alle das Gefühl, dass sie sich einbringen können.“ Aus dem gesamten Landkreis, sogar aus Patzschwig und Klieken kommen die Schüler der fünften Klassen.

In der Aula zeigt die Theatergruppe Ausschnitte aus dem Märchen „Schneewittchen“. Bedruckte Stoffbeutel gehen weg wie warme Semmeln. Und zuweilen steht der weitere Weg der Kinder vor einer interessanten Entscheidung. So wie bei Lena und Frieda, beide sind beste Freundinnen und wollen sich eigentlich nicht trennen. Beide besuchen derzeit die Evangelische Grundschule gleich nebenan. Und während Lena eine Empfehlung fürs Gymnasium hat (das sie sich beim Tag der offenen Tür dort ebenfalls ansehen wollte), ist Frieda erst einmal an der Evangelischen Gesamtschule angemeldet. „Wenn sie irgendwo zusammenbleiben können, dann hier“, sagt Claudia Köppe, Mutter von Lena. Sie sieht in Friedrichstadt vor allem den Vorteil, dass sich die Kinder nicht zu früh auf das Abitur festlegen müssen. Mario Aderhold, Vater von Frieda, ist ebenfalls unschlüssig. Das letzte Wort, wissen beide, haben sie als Eltern - auch wenn es wirklich nicht einfach ist.

Entgegen allen Befürchtungen

Für Ines Petermann ist der Start in das Schulmodell geglückt. Entgegen manchen Befürchtungen quer durch den Landkreis und alle Parteien habe keine Sekundarschule eine Ausnahmegenehmigung beantragen müssen oder sei gar geschlossen worden, erklärt sie. „Und ab der elften Klasse haben die Schüler mit erweitertem Realschulabschluss dann die Chance, ihr Abitur hier zu machen, ohne zum Fachgymnasium nach Dessau fahren zu müssen.“ Auf diese spannende Entwicklung freut sich die Schulleiterin schon heute. (mz)