Gebietsreform Gebietsreform: Gibt es weiterhin Ortschaftsräte oder nur noch -vorsteher?
Bad Schmiedeberg/MZ - Seit der Gebietsreform 2008 gibt es sie in Sachsen-Anhalt nahezu flächendeckend: Ortschaftsräte vertreten die Interessen von eingemeindeten Dörfern und ehemals selbstständigen Gemeinden. Doch nicht wenige, die sich in einem Ortschaftsrat engagieren, klagen über Mangel an Kompetenzen. Andere wiederum fürchten, dass bei den Kommunalwahlen 2014 mancher Stuhl im Ortschaftsrat leer bleiben könnte.
Fehlender Einfluss
„Wir haben keine Einflussmöglichkeiten“, bestätigt Volker Barth, Ortsbürgermeister von Meuro und Stadtrat in der zugehörigen Einheitsgemeinde Bad Schmiedeberg. Dass die hohe Verschuldung der Stadt den Ortschaftsräten wenig Spielraum lasse, da sie nur über freiwillige Aufgaben entscheiden könnten, weiß auch Bad Schmiedebergs Stadtoberhaupt Stefan Dammhayn. Das führe zu Frustrationen. Er fürchtet, dass sich angesichts dessen zu den Kommunalwahlen 2014 nicht genügend Bewerber finden lassen - und denkt über Alternativen nach.
Das macht man auf Landesebene seit Jahren. Die Gemeinde- und Landkreisordnung sowie das Verbandsgemeindegesetz sollen von einer Kommunalverfassung im Frühjahr 2014 abgelöst werden. Welche konkreten Änderungen es geben wird, steht noch nicht fest. Das Innenministerium bleibt allgemein. Aber: „Die Sicherstellung einer wirksamen Ortschaftsvertretung und die Einführung der Direktwahl des Ortsvorstehers sind Teil des Vorhabens“, heißt es.
Gerade der Status des Ortsvorstehers hat in der Vergangenheit für heftige Diskussionen gesorgt. Denn der wird bislang vom Stadtrat gewählt. In Bülzig gab es Debatten, als das Dorf 2008 nach Zahna eingemeindet worden war. Als einer der wenigen Orte hatte man auf einen Ortschaftsrat verzichtet - zum Ärger mancher Kommunalpolitiker, die die Möglichkeiten des zukünftigen Ortsteils unnötig beschnitten sahen. Noch heute wäre Heinz Wehmeier (SPD) ein Ortschaftsrat in seinem Heimatdorf lieber. „Es wäre besser gewesen“, sagt er - auch wenn er mit der Entwicklung Bülzigs zufrieden scheint. „Es ist eine gute Atmosphäre“, lobt Wehmeier. Inzwischen funktioniert das sogar ohne Ortsvorsteher. Die Amtsinhaberin war aus beruflichen Gründen zum 1. Januar 2011 zurückgetreten. Ein Jahr lang war die Stelle vakant, seit der Eingemeindung Zahnas ins heutige Zahna-Elster ist gar keine Ortsteilvertretung mehr vorgesehen in Bülzig.
Ganz ohne Ortsteilvertretung will Dammenhayn sein Bad Schmiedeberg nicht sehen. Die Ortschaftsräte durch einen Ortsvorsteher zu ersetzen, ist für den CDU-Politiker aber denkbar und nach der derzeitigen Gesetzeslage möglich. Eine, von der Volker Barth allerdings nichts hält. Er spricht sich gegen einen Ortsvorsteher aus. Zu Meuro gehörten auch die Ortsteile Ogkeln, Sackwitz und Scholis. Ein Ortschaftsrat bestehe aus mehreren Personen und könne viele Bereiche vertreten. Auch wenn Barth den Einfluss des Ortschaftsrates insgesamt negiert, liegt ihm doch an einer möglichst breiten personellen Basis als Entscheidungsgrundlage. „Für manche Diskussion braucht man den Sachverstand derer, die vor Ort sind.“ Mit seinen Ortschaftsräten hat er das Thema besprochen, nachdem es auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung auftauchte. „Wir werden einem Ortsvorsteher nicht zustimmen.“
Nie eine Frage
Das war in Wittenberg nie eine Frage. „Die Diskussion hat sich nicht gestellt“, sagt Bürgermeister Torsten Zugehör (parteilos). Warum auch, die „historisch gewachsenen“ Erfahrungen mit Ortschaftsräten sind gut. „Wir sind zufrieden“, sagt Zugehör, der allerdings weiß, „dass nicht alle Bürgermeister im Kreis das so sehen“. Schließlich bedeuten Ortschaftsräte Verwaltungsaufwand, den sie managen müssen. „Wir sollten uns den Aufwand aber leisten“, sagt er. Das seien „Kosten der Demokratie“.
Schwere Entscheidung
Kosten, die sich bald auch für die Besetzung der Ortsvorsteher erhöhen könnten. Denn der soll von den Einwohnern direkt gewählt werden. Die Einführung der Direktwahl steht nach jetzigen Planungen für das Jahr 2019 auf der Agenda. Ortsteile, die weniger als 300 Einwohner haben, müssen einen Vorsteher bekommen. Größere Ortsteile können entweder Ortschaftsräte oder -vorsteher wählen lassen. Egal welche Variante, für Bad Schmiedebergs Stadtoberhaupt kommt es aber letztlich vor allem auf eines an: „Es ist wichtig, dass da Leute sitzen, die sich engagieren.“