Forum Refomation Forum Refomation: Sie wollen's wissen

Wittenberg - Als Werner Krusche in Magdeburg ins Bischofsamt eingeführt wurde, waren auch ein paar Studenten „aus dem Kreis um Friedrich Schorlemmer“ da. Sie hielten Krusche ein Plakat entgegen, auf dem stand: „Die Reformation geht doch weiter, Herr Bischof?“ Krusche (1917 bis 2009) hielt die Begebenheit für so bedeutsam, dass er sie in seinem Erinnerungsbuch „Ich werde nie wieder Geige spielen können“ erwähnt hat.
50 Jahre später zitiert Schorlemmer den Satz am Vorabend des Reformationstages in der Wittenberger Stadtkirche . Er hält die Predigt in einem Gottesdienst, mit dem die Gründung des Forums Reformation besiegelt werden soll. Dessen Initiator, der Bad Godesberger Pfarrer Siegfried Eckert, will nichts anderes, als dass Reformation auch nach dem Jubeljahr 2017 weitergeht.
„Wie können wir Reformation weiter denken, weiter führen, weiter machen? Wie können die Impulse Luthers und der anderen Reformatoren zukünftig interkonfessionell, interreligiös und interkulturell fruchtbar gemacht werden? Wie kann es in unseren Gemeinden, unserer Geschichte und unserer Gesellschaft reformatorisch weitergehen? Mit diesen Fragen haben wir Großes vor, was heute klein beginnt“, so Eckert in seinem Grußwort.
Musikalisch gestaltet wurde der Gründungsgottesdienst des Forums Reformation am 30. Oktober ab 18 Uhr in der Stadtkirche Wittenberg u. a. von Judy Bailey und von Chorsängern aus dem evangelischen Kirchenkreis Wittenberg. Letztere brachten unter der Leitung von Kreiskantor Michael Weigert Auszüge aus dem Melanchthon-Oratorium „Gott.alein./die.Ehr.“ zu Gehör. Die Liturgie verantworteten Stadtkirchenpfarrer Johannes Block und die scheidende Leiterin des Predigtzentrums Wittenberg, Kathrin Oxen, die an die Gedächtniskirche Berlin geht. Sie zitierte u. a. aus dem Gleichnis vom Fischfang.
Im Rahmen von Friedrich Schorlemmers Predigt zitierte Eva Löber (Cranach-Stiftung) aus einem Vortrag, den Werner Krusche 1967 in Halle gehalten hat und in dem es u. a. hieß: „Die Reformation muss weitergehen, weil sie damals nicht weit genug (...) gekommen ist (...) Sie hat nicht radikal genug mit dem Überkommenen gebrochen und ist in ihrer Lehre von der Kirche, vom Amt und von den Sakramenten die mittelalterlichen Eierschalen nie wirklich losgeworden.“
Wie Siegfried Eckert vom neu gegründeten Forum Reformation zur MZ sagt, sollen nun erneut reformatorische Themen sondiert werden. „Die zentrale Fragestellung ist: Wofür lohnt es sich zu streiten?“
Die Initiative steht im Netz: www.forumreformation.org
Erst am Vormittag dieses 30. Oktober hatte Eckert mit Wittenberger Mitstreitern den Verein tatsächlich auf den Weg gebracht. Zu den ambitionierten Zielen gehört es, ab 2019 jährlich mit Veranstaltungen ein „Weltreformationsforum Wittenberg“ 2030 vorzubereiten. Eckert: „Was Davos für die Wirtschaft ist, könnte dieser Spiritus Loci der Reformation für die reformatorischen Geister der Welt werden.“
Ja, manchmal muss man groß denken. Bei einigen Wittenbergern, auch Oberbürgermeister Torsten Zugehör, hat Eckert damit offene Türen eingerannt. Erst kürzlich hatte Zugehör wie berichtet im Magazin „Chrismon“ seine Enttäuschung über die teilweise Entwicklung nach 2017 zum Ausdruck gebracht. Jetzt sagt er: „Das zukünftige Wirken vom Forum Reformation wird uns gut tun.“ Mit „neuen Begleitern“ auch aus anderen Teilen der Republik werde man „einen neuen Aufbruch wagen“.
Durchaus gewagt ist indes die Dauer dieses Gottesdienstes mit einem so langen und umfangreichen Programm aus Musik und Wortbeiträgen, das nicht alle der vielleicht 200 Besucher durchhalten. Jedenfalls verlassen etliche die Kirche, noch bevor Ulrich Lamberti gegen 19.45 Uhr sein Orgelnachspiel beginnt.
Was nun das Forum betrifft, so haben, wie Eckert auf MZ-Nachfrage erklärt, bisher „30 bis 40 Menschen Interesse signalisiert“. Mit der Vereinsgründung werde man jetzt anfangen, Mitglieder zu werben. Ansonsten betont er, der Vater von drei Kindern und nach wie vor Gemeindepfarrer ist: „Ich bin guter Dinge“. (mz)