1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Eltern machen sich für alle Kinder stark

EIL

Eltern machen sich für alle Kinder stark

Von Karina Blüthgen 15.11.2005, 15:52

Dietrichsdorf/MZ. - Einziger Vereinszweck

Auf den ersten Blick ist der Dietrichsdorfer Kindergarten eine Einrichtung wie andere auch. Und doch ist dort etwas gelungen, woran vorher keiner so recht geglaubt hatte. Denn seit zehn Jahren befindet sich die Einrichtung in Trägerschaft des "Vereins Lebendiges Dietrichsdorf", der extra zu diesem Zweck gegründet wurde. "Anfangs hatten wir nie gedacht, dass es so lange läuft", sagt Kirsten Oertel, eines der Gründungsmitglieder, rückblickend, heute stolz.

Am 18. Dezember 1995 wurde der Verein von sieben Dietrichsdorfern, allesamt Eltern, gegründet. Zum Jahresanfang 1996 übernahm der Verein die Trägerschaft der Kita, nachdem die Gemeinde die Einrichtung nicht länger halten konnte. "Es waren nur noch sechs oder sieben Kinder", erinnerte sich Bürgermeisterin Ingrid Sekora, die damals im Gemeinderat saß. "Die Personalkosten waren einfach zu hoch, die Schließung des Kindergartens schon länger im Gespräch." Wohlfahrtsverbände, die angesprochen worden waren, hatten die Trägerschaft abgelehnt.

Selber saubermachen

Doch die Eltern wollten ihre Kinder nicht ins benachbarte Mühlanger bringen und griffen zur Eigeninitiative. Eine Familie, die aus den alten Bundesländern zugezogen war, hatte sich den Hut aufgesetzt und die anderen mitgezogen. Anfangs gab es eine Erzieherin, die aus der Langzeitarbeitslosigkeit kam und damit vom Arbeitsamt gefördert wurde. Das Saubermachen übernahmen die Eltern. Inzwischen zählt der Verein zumeist 15 bis 20 Mitglieder, die Kindereinrichtung hat zwei Erzieherinnen, die je sechs Stunden beschäftigt sind, und eine Reinigungskraft. Nur das Wäsche waschen übernehmen die Eltern reihum selbst.

13 Kinder werden derzeit in Dietrichsdorf betreut, einmal musste beim Jugendamt eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden, da mit 17 Kindern die maximale Kinderzahl überschritten wurde.

Übliche Beiträge

Die Eltern zahlen Beiträge, die nicht höher sind als anderswo, die Einrichtung ist zwischen 6.30 und 16 Uhr geöffnet. "Holt jemand sein Kind mal später ab, sagt er einfach Bescheid", erklärte Kassenwart Jens Wischnewski die einfache Regelung. "Die Erzieherinnen werden auch ständig nach neuesten Konzepten geschult." "Das funktioniert jedoch alles nur, weil die Eltern mitmachen", betonte Bianca Werner, stellvertretende Vorsitzende, wie etwa bei Arbeitseinsätzen, beim Renovieren oder beim neuen Anstrich der Spielgeräte. Unterstützung komme auch vom Gemeinderat (die Gemeinde stellt den Raum zur Verfügung) und durch örtliche Firmen. Die Kinder treten vor den Senioren auf, singen zu Geburtstagen oder Hochzeitsjubiläen, feiern Zuckertüten- und Erntedankfest, gehen Zempern oder laden, wie jüngst, zum Oma-Opa-Tag mit Laternenumzug ein.

"Ich finde es schön. So bleiben die Kinder wenigstens hier noch zusammen, wenn sie später schon in den Schulen verstreut sind", findet Ursula Werner aus Dietrichsdorf, eine der Großmütter. Auch Petra Kuntz aus Külso lobt die Initiative der Eltern, die "vor zehn Jahren ganz schön gekämpft haben". Mit Gertrud Mauer war kürzlich zum Oma-Opa-Tag sogar eine Urgroßmutter da. Sie hat die Eröffnung des Kindergartens 1957 miterlebt. "Und so wie es aussieht, können wir in zwei Jahren das fünfzigjährige Bestehen feiern", ist Ursula Werner optimistisch.