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Eisdielen in Wittenberg Eisdielen in Wittenberg: Becher überfluten die Körbe

Von Anika Würz 16.05.2020, 19:01
„Amir“, hier im Wittenberger Eis-Café „San Marco“, darf Eis nur im Becher verkaufen.
„Amir“, hier im Wittenberger Eis-Café „San Marco“, darf Eis nur im Becher verkaufen. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Gerade an sonnigen Tagen ist es verstärkt in Wittenbergs Altstadt zu beobachten: das Eisbecher-Jenga in und auf den städtischen Mülleimern. Seinen Abfall außerhalb der Eimer zu entsorgen, ist den meisten glücklicherweise unangenehm und so beginnt das fröhliche Stapeln in der moralisch vertretbaren Zone, auf den Mülleimern.

Nun auch Sonntag

Dass so viele Eisbecher wie in diesem Jahr die Abfalleimer überfordern, sei ungewöhnlich, sagt auch Wittenbergs Pressesprecherin Karina Austermann: „Es gab am Wochenende ein vermehrtes Aufkommen in der Altstadt. Wir spekulieren, dass die Menschen aufgrund der geschlossenen Gaststätten eher die Eisdiele besuchen.“ Man habe auch bereits auf die wachsenden Eisbecher-Stapel reagiert und den Reinigungszyklus in der Stadt erhöht, so Austermann weiter.

Normalerweise werde die Altstadt von Montag bis Sonnabend täglich gereinigt. „Jetzt nehmen wir auch den Sonntag mit dazu“, informiert sie. Die neue Regelung soll vorerst bis zum 31. Mai gelten. Laut Stadt füllen allerdings nicht nur Eisbecher, sondern auch Verpackungen anderer To-Go-Artikel, wie Pizzaschachteln und Kaffeebecher, die Mülleimer verstärkt.

Die Spekulationen der Stadt, dass die Eisdielen im Gegensatz zur Gastronomie geöffnet haben und daher besonders viele Besucher anziehen, bestätigt sich im Fall von André Renner. Der Betreiber des Softeis-Verkaufs am Wittenberger Marktplatz muss ein Gespräch mit der MZ dankend ablehnen, um der Schlange an Kunden vor seiner Luke Herr werden zu können. Anders stellt sich die Situation bei Konstantinos Tsiflidis, Inhaber der Restaurants „Mediterraneo“ und „Carpe Diem“ sowie der beiden Eisdielen im Einkaufszentrum „Arsenal“, dar.

„Der Zulauf ist nicht mehr so hoch. Wir haben enorm weniger Kunden“, sagt er. Ein Viertel der gewöhnlichen Kundenzahl verzeichne er wahrscheinlich nur noch, schätzt Tsiflidis. Bisher findet lediglich in seiner Filiale unter der Rolltreppe im Arsenal der Verkauf planmäßig statt.

Für die Eisdielen und deren Besucher gelten nicht nur Abstands- und Mundschutz-Regeln. Der Eisverzehr muss zudem in einem Abstand von mindestens 50 Metern von der Verkaufsstelle erfolgen. Aufgrund der geltenden Corona-Auflagen ist es den Eisdielen weiterhin untersagt, Speiseeis in essbaren Waffeln auszugeben. Auch für Waffel-Liebhaber sind nun also die unverdaulichen Pappbecher Pflicht, die demnach umso häufiger im Müll landen.

Normalerweise bevorzugen circa 80 Prozent der Kunden Waffeln, wie Tsiflidis berichtet. „Wer Wert auf Genuss legt, möchte eine Waffel“, so seine Einschätzung. Dass nun nur noch Becher ausgegeben werden dürfen, bewertet er dementsprechend. „Und von der Umwelt ist noch gar nicht die Rede“, merkt er weiterhin an.

Viel Papierkram

Neben der Umwelt und den finanziellen Einbrüchen mache ihm außerdem die Situation seiner Mitarbeiter zu schaffen. Es falle ihm schwer, seine etwa 30 Angestellten nicht darüber informieren zu können, wann und wie es für sie weitergehen wird. Manche seiner Mitarbeiter habe Tsiflidis in Kurzarbeit geschickt, andere gar in Absprache entlassen. Das vermeide Papierkram, wie er berichtet. Ab Montag wolle er sie wieder einstellen.

„Ich verstehe das doppelte Prozedere nicht“, kommentiert er den Umstand, dass seine Gastronomien geschlossen bleiben müssen, wohingegen der Eisverkauf bereits öffnen dürfe. Überhaupt sei er unzufrieden darüber, keine klaren Richtlinien und Verfahrenspläne, dafür aber „sinnlose Auflagen“, wie er sagt, vorgeschrieben zu bekommen. Besser wäre es Tsiflidis nach gewesen, einen sehr strikten Lockdown für wenige Wochen durchzuführen, um nun bereits vollends zur Normalität zurückgekehrt zu sein. (mz)

Der Eimer ist voll.
Der Eimer ist voll.
Th. Klitzsch