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Ein Wildschwein im Wörlitzer Forsthaus

02.05.2008, 18:06

Wörlitz/MZ/kl. - Und der Direktor der Stiftung Dessau-Wörlitzer Gartenreich meinte über die eigene Gabe: "Was man im Internet alles so bekommt..." Das Tier jedenfalls wird, da ist sich Weiß sicher, in naher Zukunft gute Dienste für die Besucher leisten. Auch im ausgestopften Zustand. "Da können", scherzte Weiss, "die Städter mal sehen, wie so etwas im Ganzen überhaupt aussieht."

Gleichsam am Stück wie in Scheiben haben die Wildschweine natürlich ihre Vorzüge. Davon durften sich die Gäste im kleinen Verkaufsraum schon einmal überzeugen. Nach immerhin anderthalb Jahren Planung und Vorarbeit. Entsprechend stolz war man seitens der Betreiber, einer ortsansässigen Fleischerei, auf das Ergebnis. "Wir haben lange überlegt, ob wir das machen, nachdem Dr. Weiss zu uns gekommen war und uns den Vorschlag unterbreitet hatte", erzählte vor Ort Undine Ogkler, die Frau vom Chef. Und ihr Mann Werner setzte nach: "Es war gar nicht so einfach, Rezepte zu bekommen. Fachliteratur ist rar."

Deshalb wurde kurzerhand improvisiert. Über das Internet machten sich die erfahrenen Fleischer (in diesem Jahr sind sie 20 Jahre vor Ort) schlau und sammelten Ideen für Wurst.

Vorerst wird diese übrigens nur vom Wildschweinefleisch sein, denn Rehe hatten bis Donnerstag Schonzeit. Aber auch die Produkte von den grauen Waldbewohnern stießen von Anfang an auf Gegenliebe.

"Das ist nicht schlecht", befand kauend Rosemarie Gschmeißner aus dem Ostallgäu. Und ihr Mann Ludwig, der erste Vorsitzende des Bundes Bayerischer Berufsjäger und ein Gast der Stiftung, nickte zustimmend. Er ist auch ein Freund des Wilddirektverkaufs: "So geht das eben ohne Zwischenhändler." Eines der ganz wichtigen Ziele der Wörlitzer übrigens. Bis jetzt nämlich wurde regional eher für den Berliner Markt geschossen. Das soll sich ändern.

Und der alte Schweinestall in der ehemaligen herzoglichen Forstmeisterei bietet dafür nach der Sanierung unter Prämissen der Denkmalpflege ideale Bedingungen. Wie gleichsam die Wahl der Familie Ogkler offenbar nicht die schlechteste war. "Mein Vater", erklärte Werner Ogkler, "ist auch Jäger gewesen und deshalb bin ich mit Wild aufgewachsen. Das hat sich über Jahrzehnte entwickelt."

Nun sollen davon möglichst zahlreiche Gäste profitieren. In erster Linie natürlich, so Weiss, im Rahmen des Tourismusgeschäfts. Der Stiftungsdirektor jedenfalls sieht derzeit gute Chancen für einen langfristigen Erfolg der Wildkammer. "Ich sage bewusst nicht Risiko, sondern Wagnis", formulierte er und schloss: "Es ist allemal besser, als irgendeinen Golfplatz hinzusetzen, auf dem die Einheimischen den Touristen die Taschen hinterher tragen."