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Hochwasser im Kreis Wittenberg Die Pegel steigen - Wie die Situation an der Elbe einzuschätzen ist

Aufgrund des Tauwetters klettert der Elbe-Pegel im Landkreis weit über die Drei-Meter-Marke. Die Fähre in Coswig stellt ihren Betrieb ein. Besteht jetzt Hochwassergefahr?

Von unserer Redaktion 14.03.2023, 10:25
 Die Elbe bei Pretzsch. Die Fähre wechselt noch regelmäßig die Uferseiten.
Die Elbe bei Pretzsch. Die Fähre wechselt noch regelmäßig die Uferseiten. (Foto: Thomas Klitzsch)

Wittenberg/MZ - Einsetzendes Tauwetter und Regen der vergangenen Tage spülen reichlich Wasser in die Elbe und sorgen damit für einen deutlichen Anstieg des Pegels im Landkreis Wittenberg. Bereits am Wochenende hatte der Elbe-Pegel in Coswig einen Wert von 3,90 Meter erreicht – mit der Folge, dass die Elbefähre ihren Betrieb einstellen musste.

Anderenorts setzen die Fähren noch über. Wie lange noch, das ist unklar. Die MZ hat bei Fährleuten und dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz nachgefragt, ob aktuell eine Hochwassergefahr besteht und ob womöglich eine Entspannung des Pegels absehbar ist.

Angst müsse niemand haben

Unverhohlene Freude herrscht beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz in Wittenberg. „Wir haben seit längerem endlich wieder mal erhöhte Wasserstände“, sagte am Vormittag auf MZ-Anfrage der stellvertretende Flussbereichsleiter Jörg Herrmann und damit, nach mehreren Jahren, wieder „ordentliche hydrologische Verhältnisse“. Angesichts des anhaltenden Defizites beim Grundwasser sei das derzeit herrschende „erhöhte Mittelwasser“ gut, auch wenn sich dadurch allein natürlich noch kein Ausgleich fürs Grundwasser erreichen lasse.

Angst müsse angesichts der derzeit durchaus „besonderen“ Situation am Fluss niemand haben, betonte Herrmann. Alle Anlagen, etwa die Schöpfwerke, arbeiteten ordnungsgemäß, was am Wochenende kontrolliert worden sei, und die Deiche seien „noch nicht mal benetzt“. Selbst von der untersten der vier Alarmstufen - 1 - sei man weit entfernt. Diese träte in Wittenberg bei einem Pegel von fünf Metern ein; am Montag kurz nach 10 Uhr waren es 3,78 Meter, bei einer Prognose von 3,70 sowie 3,90 für den Folgetag. Grund für den Anstieg sind natürlich Niederschläge, und, was Tschechien angeht, die alljährliche Schneeschmelze. In Dresden, sagte Herrmann gestern Vormittag, sei der Pegel unterdessen schon wieder am Fallen.

Nachdem die Coswiger Elbfähre am Donnerstagmorgen in die diesjährige Saison gestartet war, musste der Betrieb schon am Samstagvormittag wieder eingestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt habe der Pegel direkt an der Elbe bereits wieder auf über 3,50 Meter gestanden. „Das war aber von vornherein abzusehen“, schätzt Matthias Mohs am Montagvormittag die Situation ein. Der Geschäftsführer der Coswiger Stadtwerke erklärt, dass die Pegelstände flussaufwärts, etwa in Dresden oder Pirna, schon bei Inbetriebnahme der Elbfähre auf eine ankommende Welle hindeuteten.

45 Zentimeter in zwei Tagen

Innerhalb von nur zwei weiteren Tagen stieg das Wasser in Coswig um weitere 45 Zentimeter. Um 10.30 Uhr seien am Montag schon 3,95 Meter gemessen worden. „Das ist auch noch nicht das Ende der Fahnenstange“, sagt Mohs. „Derzeit sind die Pegel noch steigend.“ Er gehe davon aus, dass Regenfälle und Schneeschmelze das Wasser vorerst hoch halten werden.

„Wir kommen bei solchen Wasserständen mit der Fähre nicht mehr an das Ufer“, erklärt Mohs. Durch das hohe Wasser verstärke sich natürlich auch die Fließgeschwindigkeit des Flusses. Durch die starke Strömung entstehen bedeutend höhere Zugkräfte als bei niedrigem Wasser. „Diesen Zugkräften kann der Anker und die Gierseilanlage nicht mehr standhalten“, erklärt er. Dramatisch sei die Situation momentan sicher nicht. „Eine Hochwassergefahrenlage sehe ich nicht kommen“, schätzt Mohs ab. Die Fähre aber werde vorerst wohl eine Weile nicht fahren.

Wie weiter mit dem Fährbetrieb in Pretzsch?

Unklar ist auch, wie lange die Pretzscher Elbefähre, die momentan noch nach Mauken übersetzt, ihren Fährbetrieb aufrechterhalten kann. Wie Pächter Mario Richter erklärt, müsse er jeden Tag aufs Neue abwägen, ob ein sicheres Übersetzen aufgrund des hohen Pegelstands möglich sei. „Aktuell haben wir einen Pegel von 3,41 Metern“, berichtet der Fährmann. Bis 3,80 Meter funktioniert das Übersetzen noch, so Richter. Darüber werde es kritisch, dann fehle die Strömung, um das Ufer zu erreichen.

Noch rund einen halben Meter könnte der Wasserstand an der Fähre Elster steigen, bevor das Wasserfahrzeug Probleme mit Hochwasser bekäme. Soll heißen: Im Moment läuft der Fährverkehr zwischen den Elbufern Elster und Wartenburg in gewohnter Weise. Das erfuhr die MZ auf Nachfrage von Fährmann Sandro Pankrath.

Probleme ab 4,10 Meter

Die gleiche Antwort bezogen auf den Wasserstand erhielt die MZ vom Prettiner Fährpächter Jan Ulrich: „Wir orientieren uns am Pegel Torgau. Der steht bei etwa 3,60 Metern. Ab 4,10 Meter kämen bei uns die Probleme auf.“ Dann stünde das Wasser so hoch, dass die Fähre, die selbst einen Tiefgang von etwa 70 Zentimetern hat, nicht mehr ans Ufer käme. Weil dazu die Fährzufahrt zu flach wäre.

Wenn Wind, der derzeit mit dem Strom kommt, quer dazu auffrische, dann helfe der Zusatzmotor, über den die Fähre verfügt und der in beide Richtungen gestellt werden kann, die letzten Meter zum Ufer zu schaffen. Dazu kommt, dass es bei höheren Wasserständen in den Uferbereichen an Strömung fehle. Auch da helfe der Motor, so der Fährpächter.

 Spundwände entlang der Elbe schützen vor Hochwasser.
Spundwände entlang der Elbe schützen vor Hochwasser.
(Foto: Klitzsch)

Schifffahrtsamt gibt Entwarnung

Für die Schifffahrt ist der jetzige Wasserstand sogar gut, die Schiffe können mit voller Ladung fahren, heißt es vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe. Klaus Kautz, Leiter der Stabsstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Wasserstraßenverwaltung des Bundes, hat die aktuellen Prognosen der Oberelbe im Blick: „Der Wasserstand bleibt jetzt eine Weile hoch, aber stabil. Auch aus Usti in Tschechien kommt aus jetziger Sicht nicht noch eine große Welle von der Schneeschmelze im Gebirge zu uns.“ In Dresden wird Alarmstufe 1 bei vier Meter Wasserstand ausgerufen. Davon aber lag Elbflorenz mit Durchschnittspegel von 1,56 Metern beim aktuellem Gipfel mit 3,23 Meter (Sonntag, 12. März) noch weit entfernt.

Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Elbe ging im März 2021 aus der Zusammenlegung der bisherigen WSA Dresden, Magdeburg und Lauenburg hervor als 14. der im Zuge der Ämterreform gebildeten neuen Behörden. Die drei ehemaligen Ämter blieben als Standorte erhalten. Das WSA Elbe ist zuständig für die Bundeswasserstraßen: Elbe, Saale, Müritz-Elde, Stör, Elbe-Lübeck-Kanal, Ilmenau sowie das Wasserstraßenkreuz Magdeburg.