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Meinungsvielvalt auf dem Land Darum fordern kleinere Ortschaften mehr Mitspracherecht in Oranienbaum-Wörlitz

Die neue Hauptsatzung sieht vor, dass kleinere Ortschaften einen Gemeindevorsteher statt Rat haben sollen. Warum Gohrau, Rehsen, Riesigk, Brandhorst, Horstdorf und Kakau dagegen sind.

Von Andreas Behling 21.11.2023, 09:21
Kleinkunsttraum Oranienbaum anlässlich der 350 Jahrfeier im Schlosspark . Kleinere Orte der Stadt fordern mehr Mitspracherecht.
Kleinkunsttraum Oranienbaum anlässlich der 350 Jahrfeier im Schlosspark . Kleinere Orte der Stadt fordern mehr Mitspracherecht. (Foto. Thomas Klitzsch)

Oranienbaum-Wörlitz/MZ. - Das Vorhaben, an die Stelle der bisherigen Ortschaftsräte einen Ortsvorsteher, der maximal zwei Stellvertreter haben kann, zu setzen, fand keinen Anklang.

Die Neufassung der Hauptsatzung für Oranienbaum-Wörlitz, die am Dienstag auf der Tagesordnung des Stadtrates zur Abstimmung steht, ist in zwei Dreier-Sitzungen von Ortschaftsräten auf eine klare Ablehnung gestoßen. Das betraf sowohl das Treffen der Volksvertreter aus Gohrau, Rehsen und Riesigk als auch die Zusammenkunft der Räte aus Brandhorst, Horstdorf und Kakau.

Das Argument, mit einem direkt zu wählenden Ortsvorsteher komme es zu einer Steigerung der Effizienz, wurde nicht gelten gelassen. Dies diene dazu, sich die Sache schön zu reden. In Wahrheit gehe es „nur ums Geld“.

Meinungsverlust befürchtet

„Es geht eine Menge Meinungsvielfalt verloren“, formulierte Gohraus Ortsbürgermeister Carsten Stolze (parteilos) seine Sorge. Der Vorschlag zeige, so der Rehsener Sven Degen (CDU), dass kein intensives Interesse bestehe, die kleinen Orte mitzunehmen. „Die vorgestellten Pro-Argumente haben keinen Wert“, fand er, derweil seine Ratskollegin Corinna Eisener (parteilos) erklärte, das Engagement für den Ort hänge nicht von einem Ortschaftsrat ab. Dieser Aussage trat Riesigks Ortsbürgermeister Marec Henze (parteilos) entschieden entgegen. So nehme man den Leuten die Lust am Mittun, sagte er. Für ihn stehe fest: Die kleinen Gemeinden müssen weiter „ein Mitspracherecht haben“. Wenn das nicht mehr gegeben sei, so Sven Degen, werde das gewisse Auswirkungen auf die Wähler und deren Wahlbereitschaft haben.

In der Sitzung der Brandhorster, Horstdorfer und Kakauer Kommunalpolitiker war von einer „Ausdünnung“ der Ortschaftsräte die Rede. Fabian Wendt (parteilos), Ortsbürgermeister von Brandhorst, hatte eine Einsparung von ungefähr 8.400 Euro errechnet. Auf die sei er gekommen, wenn man auf sieben Ortschaftsräte verzichte. Diesen Betrag (siehe auch „Weitere Abstimmungen“) bezeichnete er als „Tropfen auf den heißen Stein“.

In der Gesamtschau sehe er in der Ortsvorsteher-Variante „mehr Nach- als Vorteile“. Es sei ein bisschen schade, dass niemand aus der Verwaltung erschienen sei, der Fragen beantworten könnte. Denn er, Wendt, zweifle eine Steigerung der Effizienz an, wenn sich weniger Leute um die Belange der Ortschaft kümmern. Und setze man voll auf die Digitalisierung, dann sei das Argument von den eingesparten Papierkosten ebenfalls „Schwachsinn“.

Nötig für die Identität

Wendt befürchtet, dass mit dem Wegfall der Ortschaftsräte die Identität der Gemeinden „komplett verloren“ geht. Außerdem gab er zu bedenken, dass während der Treffen Themen zur Sprache kommen, die zu 80 Prozent gar nicht auf der Tagesordnung stehen. Seine Kollegen Lars Dräger (Horstdorf) und Michael Lindemann (Kakau) stimmten ihm zu. „Jeder von uns bekommt seine Informationen im Dorf, die er dann in die Runde trägt. Einer allein fängt nicht alles auf“, sagte Lindemann (parteilos).

Dräger (parteilos) bekannte: „Es kommen eben doch regelmäßig Dinge zusammen, über die man sprechen muss. Einer allein schafft das nicht. Es ist schöner, wenn es ein paar Leute gibt, die sich kümmern.“ Dem Ausgang der Abstimmung im Stadtrat sieht Sven Degen sehr gespannt entgegen. Es werde sich ein Charakter offenbaren, wenn ungeachtet der negativen Abstimmungsergebnisse, wie sie sich in den Dörfern zeigte, für eine Neufassung votiert werde.

Der Stadtrat kommt am heutigen Dienstag, 21. November, um 18.30 Uhr im Gemeindezentrum in Vockerode zusammen. Er befasst sich im öffentlichen Teil zunächst mit den Plankennziffern für das Haushaltsjahr 2024. Vorgesehen sind zudem besagtes Votum zur Neufassung der Hauptsatzung und zur weiteren Vorgehensweise bei der Planung des Spielplatzes und der Fahrradstation im Bereich des „Eichenkranzes“ im Ortsteil Stadt Wörlitz. Beraten werden soll auch der Prüfungsauftrag für einen möglichen Jugendklub im Ortsteil Stadt Oranienbaum.