1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Oppositionelle in der DDR: Bekannte Künstler treffen sich und stellen in Wittenberg aus

Oppositionelle in der DDR Bekannte Künstler treffen sich und stellen in Wittenberg aus

Cranach-Museum zeigt eine besondere Ausstellung zum Freundeskreis Strawalde, auch mit Arbeiten von Baselitz und A.R. Penck. Sammlung könnte einst nach Wittenberg kommen.

Von Marcel Duclaud 28.09.2025, 10:00
Ein Teil des Freundeskreises mit Sammler Martin Grundmann (r.):  Strawalde, Peter  Graf und Peter Herrmann (v.l.)
Ein Teil des Freundeskreises mit Sammler Martin Grundmann (r.): Strawalde, Peter Graf und Peter Herrmann (v.l.) (Foto: Marcel Duclaud)

Wittenberg/MZ. - Ein außergewöhnlicher Abend, eine besondere Ausstellung: Unter dem Motto „Es begann in Dresden“ zeigt das Cranach-Museum in Wittenberg bis Ende des Jahres Arbeiten des Freundeskreises Strawalde.

Strawalde, mit bürgerlichem Namen Jürgen Böttcher, inzwischen 94 Jahre alt, gehörte in der DDR zu den bedeutendsten oppositionellen Malern und Dokumentarfilmern. Er war zentrale Figur eines Kreises von Künstlern, die sich in Dresden in den 1950er Jahren oft trafen.

Sie eint unter anderem ihr Interesse für Kunst und Kunstgeschichte. Sie wollten Kunst schaffen, doch die klassische Ausbildung in den staatlichen Kunsthochschulen blieb den meisten von ihnen verwehrt.

In Berlin wegen Aufmüpfigkeit exmatrikuliert

Etwa dem 1937 geborenen Peter Graf, der wie Strawalde und Peter Herrmann, ebenfalls Jahrgang 1937, am Donnerstag den Weg nach Wittenberg auf sich nahmen, um an der Eröffnung der ihnen gewidmeten Ausstellung teilzunehmen.

Graf besuchte 1956/57 mit Hans Georg Kern, der unter dem Namen Baselitz berühmt geworden ist, die Kunsthochschule Weißensee. Beide mussten die Hochschule jedoch nach dem ersten Jahr wieder verlassen, wegen Aufmüpfigkeit und kritischem Geist. Danach arbeitete Graf unter anderem als Lagerist und LKW-Fahrer, was ihm nicht zuletzt Unabhängigkeit brachte.

Blick in einen der Räume der neuen Sonderausstellung
Blick in einen der Räume der neuen Sonderausstellung
(Foto: Marcel Duclaud)

Seine künstlerische Arbeit hat er aber nie aufgegeben, was die Ausstellung im Cranach-Haus eindrucksvoll dokumentiert. Und weil Baselitz eben im weiteren Sinne dazu gehörte, ist auch von ihm eine Lithographie in Wittenberg zu sehen.

Gleiches trifft auf eine weitere Berühmtheit zu: A.R. Penck, der eigentlich Ralf Winkler heißt und bereits gestorben ist. Auch er spielt am Rande eine Rolle in der aktuellen Schau des Cranach-Museums. In den 1950er Jahren bestritt Penck seinen Lebensunterhalt in verschiedenen Berufsfeldern wie Nachtwächter, Briefträger oder Kleindarsteller.

Dass die Sonderausstellung, die knapp 60 künstlerische Arbeiten in drei Räumen umfasst, zustande kommen konnte, ist wiederum einem Mann aus Bremen zu verdanken, der familiäre Verbindungen zu der Wittenberger Familie Winkelmann hat: Martin Grundmann. Ein Jurist mit Liebe zur Kunst. Er habe, sagte er am Donnerstagabend im Cranach-Haus, schon sehr früh angefangen zu sammeln, mit einem Blatt von Chagall. Mitte der 1990er-Jahre begann er, sich auf den Freundeskreis Strawalde zu konzentrieren. Den Anstoß gab seine Frau, die ihm riet, „richtig zu sammeln“, also gezielt Werke eines einzelnen Künstlers oder einer bestimmten Gruppe zusammenzutragen. Kurz darauf lernte er einen Dresdner Arzt kennen, der enge Kontakte zu diesem Freundeskreis unterhielt.

Inzwischen hat Martin Grundmann eine stattliche Sammlung zusammengetragen. Nur ein kleiner Teil davon ist jetzt in Wittenberg ausgestellt. Möglicherweise wird es mal mehr. Der Jurist aus Bremen hat bei der Eröffnung angedeutet, dass er sich vorstellen könne, seine Sammlung, an der er sehr hängt, dem Museum eines Tages zu übergeben: „Hier, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, ist ja ihr eigentliches Zuhause.“

Der Kreis schließt sich im Wittenberger Cranach-Haus

Die Eröffnung dieser besonderen Ausstellung war außerordentlich gut besucht. Nach Wittenberg gekommen sind auch zahlreiche Menschen aus dem Umfeld von Sammler und Freundeskreis.

Eben auch der 94-jährige Strawalde, der jetzt in Berlin lebt. Dass es ihm eine Ehre ist, in einem Haus zu sein, in dem Lucas Cranach einst arbeitete, sagte der Künstler unter anderem: „Da schließt sich ein Kreis.“ Als er in Dresden studierte, ging es auch darum, die Technik des Meisters zu kopieren. „Und jetzt treffen wir uns auf hohem Niveau: bei Cranach.“