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"Anonymous for the Voiceless" "Anonymous for the Voiceless": Vegane Mahnwachen in Wittenberg

Von Marcel Duclaud 13.11.2019, 11:51
Ein sogenannter „Cube of Truth“ in Wittenberg
Ein sogenannter „Cube of Truth“ in Wittenberg Privat/Veranstalter

Wittenberg - Zu übersehen sind die Tierschützer nicht. Sie tragen dunkle Sachen, eine sogenannte Guy-Fawkes-Maske, die als Symbol für Widerstand gilt, und bilden vor dem Eingang des Wittenberger Einkaufszentrums „Arsenal“ in bester Innenstadtlage einen Würfel, der „Cube of Truth“ (Würfel der Wahrheit) genannt wird. Den Passanten werden per Laptop Videos entgegengestreckt. Was da läuft, ist hässlich: geschredderte Küken, Bilder aus dem Schlachthof. Viele Menschen eilen vorbei, ohne einen Blick darauf zu werfen, manche schauen hin und sind schockiert.

Eine von 83 Ortsgruppen

Was in Großstädten Alltag ist, kommt allmählich auch in kleineren Kommunen an. Teile der veganen Bewegung gehen mit Aktionen auf die Straße, um ihr Anliegen zu präsentieren. Hinter dem „Würfel der Wahrheit“ steckt eine Organisation, die sich „Anonymous for the Voiceless“ (Anonym für die Sprachlosen) nennt und 2016 in Australien ins Leben gerufen wurde.

Seit Juni existiert ein Ableger in Wittenberg, der bereits mehrere Würfel-Aktionen veranstaltet hat. Es ist eine von inzwischen 83 Ortsgruppen, die es in Deutschland gibt.

Der Mann, der in Wittenberg maßgeblich hinter „Anonymous for the Voiceless“ steckt, heißt Stefan Göll und ist 26 Jahre alt. Er fährt auch zu Aktionen in anderen Städten, wo der Würfel wie unlängst in Berlin deutlich größer ausfällt und mehrere hundert Menschen umfasst. Manchmal versammeln sich Anhänger vor Schlachthöfen zu Mahnwachen, in Weißenfels zum Beispiel.

Als Mahnwache hat Göll auch die Wittenberger Aktionen deklariert und angemeldet. „Wir wollen wachrütteln und informieren“, erklärt er. Angesprochen werde nur, wer Interesse zeigt. Und zwar nicht von jenen, die die Laptops mit den Filmen in Endlosschleife halten - das sind quasi die anonymen Menschen. Sondern von einer Gruppe, die daneben steht und auf Reaktionen wartet.

Die fallen, sagt Göll, sehr unterschiedlich aus. „Mal angewidert, mal traurig.“ Andere, etwa Landwirte, seien ungehalten und erklärten, dass die präsentierten Bilder nichts zu tun hätten mit ihrer Realität. Was Göll dementiert: „Wir zeigen nicht die Ausnahmen, nicht die schwarzen Schafe, sondern die bestmögliche Variante.“ Das Ziel heiße, Menschen zum Umdenken zu bringen und zu einem möglichst veganen Verhalten. „Wir haben hier schon 84 sehr positive Gespräche geführt“, bemerkt er.

Göll ist sich sicher, dass die vegane Bewegung im Aufwind ist. Zu „Anonymous for the Voiceless“ in Wittenberg gehören nach seinen Worten rund 20 Leute. Der älteste Mitstreiter komme aus Coswig und sei 56 Jahre alt, der jüngste 15. Es gibt einen regelmäßigen Stammtisch, eine Facebookgruppe ebenfalls.

Anecken ist Programm

Dass sie anecken mit solchen Aktionen, wissen die Aktivisten. Sie sind aber überzeugt, das Richtige zu tun. Stefan Göll findet: „Tiere haben das Recht auf Unversehrtheit.“ Keinerlei Ausbeutung sei gerechtfertigt.

„Das ist unsere klare Botschaft.“ Er selbst sei 23 Jahre lang „ganz normal“ aufgewachsen, also als Fleisch- und Eieresser, als Träger von Wollpullovern oder Lederschuhen. Den radikalen Sinneswandel löste bei ihm der gesundheitliche Aspekt aus. Inzwischen sind andere hinzugekommen - ethische etwa oder ökologische. (mz)