Klingender Advent Adventsserie: Ein Stück soziale Arbeit

Bad Schmiedeberg - Auch wenn es „Lyra“ in Bad Schmiedeberg nicht mehr gibt, die Freude am Singen wird weiter gepflegt in der Stadt. Wie berichtet hatte der traditionsreiche Chor sich just nach dem würdig begangenen 140-jährigen Jubiläum aufgelöst. Der Vorstand begründete das mit Mangel an Nachwuchs, in die Jahre gekommenen Sängern, dem Abschied des Chorleiters.
Nicht einverstanden
Nicht alle allerdings waren damit einverstanden. „Wir wurden überfahren“, klagt etwa Günter Obst und berichtet von etlichen langjährigen Lyra-Mitgliedern, die gerne weiter gemacht hätten. Sie tun das jetzt auch - aber unter anderem Namen. An die 20 Sangesfreunde haben sich zusammengetan, davon zwölf, die einst zu „Lyra“ gehörten. Sie treffen sich einmal die Woche im „MaRe“, einem Haus der Begegnung und nennen sich (vorerst) „Interessengemeinschaft Chorgesang Bad Schmiedeberg“. Es fehlt noch an einem richtigen Namen, ein Verein ist ebenfalls bislang nicht gegründet.
Was sie trägt, ist der Spaß am Singen und natürlich die Gemeinschaft. Wie immens wichtig die ist, betont nicht zuletzt Günter Obst, bekannt auch als Fotograf und durch seine Heißluftballone. Einige der Mitsänger würden abgeholt von zu Hause, weil es ihnen schwer fällt, den Weg zu bewältigen. Andere warten immer schon auf die Probe am Mittwochabend.
Indes sind ebenfalls jüngere Leute zu der Interessengemeinschaft gestoßen und weitere Mitstreiter herzlich willkommen, auch Instrumentalisten beispielsweise. Eine Vereinsgründung ist ins Auge gefasst, später, wenn die Gemeinschaft größer und stabiler ist. Dass die Finanzierung ein erhebliches Problem darstellt, räumt Initiator Günter Obst ein. Zurzeit werde gesammelt, um die Unkosten decken zu können. Der Bad Schmiedeberger hat mehrere Förderanträge gestellt, die klamme Stadt übernahm zumindest als Geste für zwei Monate das Honorar für die Chorleiterin. Denn die gibt es inzwischen ebenfalls. Es handelt sich um Doris Mühlmann aus Bad Düben, die sich wunderte, dass ein solch traditionsreicher Chor wie „Lyra“ sang- und klanglos aufhört zu existieren. Sie erklärte sich bereit, der Sängergemeinschaft beizustehen. Doris Mühlmann, die auch den Heidechor im sächsischen Laußig leitet, ist eine erfahrene Musikerin. Die gelernte Anästhesieschwester, die später Theologie studierte, spielt seit ihrem 13. Lebensjahr Orgel. „Ich habe auf der Orgel meine Pubertät ausgelebt“, erzählt sie. Und im Übrigen schon immer in Chören gesungen und Hausmusik gepflegt. Die Unterstützung für Bad Schmiedeberg nennt sie auch „ein Stück soziale Arbeit“.
Über die Ländergrenzen
Es sei zudem spannend zu erleben, wie der Chor wieder auf die Beine kommt nach dem „Lyra“-Aus. „Meine Hoffnung ist nicht zuletzt, dass die beiden Chöre über Ländergrenzen hinweg etwas gemeinsam machen“. Günter Obst kann sich eine Kooperation gut vorstellen und schlägt zunächst ein gemeinsames Frühlingssingen im nächsten Jahr vor.
Zunächst aber geht es bei den Proben natürlich eher um die Weihnachtszeit. Kleinere Auftritte sind bereits absolviert, etwa beim Heimat- und Feuerwehrverein in Sackwitz, in Pflegeheimen oder im Kurhaus vor Rentnern - damit werden nicht zuletzt Traditionen fortgesetzt, die der Chor „Lyra“ einst pflegte. (mz)