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70-jähriges Ehejubiläum  70-jähriges Ehejubiläum : Begnadeter Bund fürs Leben

Von Karina Blüthgen 24.03.2016, 13:08
Nach 70 Jahren Ehe gratuliert auch Ministerpräsident Reiner Haseloff bei Edith und Herbert Kegler.
Nach 70 Jahren Ehe gratuliert auch Ministerpräsident Reiner Haseloff bei Edith und Herbert Kegler. Baumbach

Buko - Das Wetter war ganz ordentlich für einen 24. März, damals vor 70 Jahren, als sich die Hochzeitsgesellschaft in Buko aufstellte. Die Glocken hatten allerdings erst angefangen zu läuten, als Brautpaar und Gäste schon auf dem halben Weg zur Kirche waren. „Und als wir oben waren, war kein Pastor da“, erinnert sich Herbert Kegler an die eigene Hochzeit. Der Pfarrer kam erst eine Viertelstunde später und war schweißgebadet, 1946 musste er noch zu Fuß von Ort zu Ort eilen.

Butter gegen Essen getauscht

Man hätte dies für ein schlechtes Omen nehmen können, aber das kann es für die damals 22- und 19-jährigen Brautleute nicht gewesen sein. Gestern begingen sie die Gnadenhochzeit. 70 Jahre Ehe, das ist wahrlich ein Bund fürs Leben, der mit der kirchlichen Trauung in Buko begann und mit einer Feier in Bräsen fortgesetzt wurde. „Wir hatten zuvor viel Milch abgegeben und erhielten sieben Kilo Butter. Die haben wir getauscht, gegen ein Huhn und anderes“, erzählte der Jubilar, wie in der Zeit nach dem Krieg Essen organisiert wurde.

157 Einwohner zählt der kleine Ort Buko derzeit, der seit Anfang 2009 zur Stadt Coswig gehört. Ihres Wissens nach sei dies die erste Gnadenhochzeit in Buko, sagt Ortsbürgermeisterin Karin Keck (CDU). Diamantene Hochzeiten (60 Jahre Ehe) seien zwar selten, kämen aber durchaus vor.

Erstmals 1325 wird ein Lehnsherr namens Bukow erwähnt. Als Name eines Dorfes taucht Buko im Jahr 1369 in einer Urkunde auf. Darin heißt es unter anderem, dass an den Coswiger Pfarrer Nicolaus zwei Hufen Land zu Buko verkauft werden. Im August 1722 fielen die Kirche in Buko und ein Teil des Dorfes einem Feuer zum Opfer.

Die Kirche „St. Johannes“ wurde bis 1724 wieder aufgebaut, sie erhielt eine Hufeisenempore. 1889 wurde der Kirchturm durch einen Blitzschlag zerstört, zwei Jahre später wurde er wieder neu errichtet. In diesem Zusammenhang erhielt die Kirche ihre Turmuhr. 1993/94 konnten das Dach und die Fenster des Turmes erneuert werden. Im März 1994 wurde die Spitze des Turmes mit Kugel und Wetterhahn aufgesetzt. Das heutige Gemeindehaus war früher eine Schule, danach Mehrzweckgebäude. (mz/kbl)

Aus Bräsen stammte die Braut Edith Pflug. Ihre Großeltern hatten eine Schmiede in Buko. Dort lernte sie Herbert Kegler kennen, die Familie des gelernten Hufschmiedes war 1938 von Garitz nach Buko gezogen. Ihr Leben lang arbeiteten sie in der Landwirtschaft, die ab 1960 statt von jedem einzelnen Bauern durch Genossenschaften geprägt war. Und da Herbert Keglers zwei Brüder im Krieg gefallen waren, war er nun gefragt. Edith Kegler arbeitete im Feldbau, Herbert als Schlosser in der Werkstatt. 1946 wurde Sohn Erwin, 1948 Tochter Melanie geboren. Erwin Kegler starb 2008.

Die Familie, auf vier Enkel und fünf Urenkel angewachsen, kümmert sich täglich um die beiden Senioren, die trotz des gestrigen Trubels relativ gelassen blieben. Ob sie sich auch gestritten haben? „Das kommt mal vor“, meinte Herbert Kegler. Aber lange habe es nie gedauert, dann hätten sie sich wieder vertragen. Kurios mutet an, dass sich die alten Herrschaften eigentlich nie mit Vornamen anreden, stellte Christine Sturm, Schwiegertochter von Melanie, fest. „Mein Häschen“ ist offenbar noch immer die bevorzugte Anrede des Jubilars an seine Frau.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kam persönlich vorbei und überbrachte neben den Grüßen einen Blumenstrauß und eine Urkunde. „Bleiben Sie schön gesund“, riet er dem Paar. „Ich habe erst die 40 geschafft. Das zeigt aber, dass man durchaus 30 Jahre draufpacken kann.“ Schließlich lebe man in Buko auch sehr ruhig, stellte er fest.

Jahre voller Arbeit

Das ganze Leben hätten sie gearbeitet, erzählte Herbert Kegler, der bis vor einigen Jahren noch Holz gehackt und den Garten in Schuss gehalten hat. Edith Kegler, die gern im Garten war, schafft das seit einiger Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Sie ist der ruhige Part in dem Paar, das am Sonnabend in der Gaststätte in Bräsen mit der Verwandtschaft feiern wird. Ob die beiden je einen Tag bereut hätten, fragte Haseloff. Beide lächelten nur. Dann sagte Edith Kegler: „Er neckt gern.“ Woraus die Gelassenheit des Alters spricht. (mz)