103 Jahre altes Stück 103 Jahre altes Stück: Letzte Wittenberger Kaltmangel wird eingelagert

Wittenberg - Was länger währt, wird manchmal gut. Die letzte funktionstüchtige Wittenberger Kaltmangel, ein 103 Jahre altes Stück von guter Qualität, manche sagen, von musealem Wert, bleibt erhalten. Zumindest landet sie nicht auf dem Müll. Am Mittwoch ist die Wäscherolle, die lange Jahre in der Ernst-Kamieth-Straße ihren Dienst tat, abgebaut, das heißt, in ihre Einzelteile zerlegt worden.
Ausgeklügeltes System
Was schneller ging als gedacht, das hat nicht zuletzt mit Handwerkskunst zu tun: „Sie ist damals im Werk vorgefertigt und in Wittenberg zusammengesteckt worden“, erklärt Heinz Thieme, der sich mit historischer Technik beschäftigt und ins Schwärmen gerät angesichts des ausgeklügelten Systems: „Kein Abrieb an der Zahnstange, auch sonst kaum Verschleiß. Die Mangel ist so gut gebaut, dass sie stets im Gleichgewicht blieb. Ein Hoch der deutschen Ingenieurskunst.“ Die 1,5 Tonnen schweren Steine im Rollkasten zu nummerieren, wie ursprünglich geplant, darauf verzichtete der Wittenberger: „Mit modernen Messmitteln bringen wir sie schon wieder in die Waage.“
Denn Thieme hofft nach wie vor, dass die Kaltmangel wieder aufgestellt werden kann in Wittenberg. Zunächst aber werden die Einzelteile zwischengelagert - in der Waschmittelfabrik Geissler im Nußbaumweg. Lange war unklar, wo sich ein Plätzchen findet , das ist jetzt kein Problem mehr. Ob und wo die Mangel wieder in Erscheinung tritt, steht allerdings noch nicht fest.
Bemühungen gibt es. Thieme spricht von einem Treffen zwischen Wittenbergs Bürgermeister und dem Augustinuswerk. „Das unterhält ja eine Waschwerkstatt.“ Er kann sich vorstellen, in einem leeren Laden in der Innenstadt eine Annahme- und Ausgabestelle einzurichten - mit der (benutzbaren) Kaltmangel als Attraktion.
Das könnte auch Hans Keller, Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft Wittenberg, die Eigentümerin der Rolle ist, gefallen. Er hatte die Demontage der Kaltmangel mehrere Wochen lang hinausgezögert, als sich zeigte, dass sehr wohl Interesse an der alten Maschine, bei der Wäsche nicht mit Hitze, sondern mit Druck behandelt wird, besteht. „Sollte das klappen, wäre es eine ideale Perspektive für die museale Maschine.“ Dass die Genossenschaft sie abgeben will, hat mit sinkenden Nutzerzahlen und dem Abschied des betagten, langjährigen Betreuers zu tun. (mz)