1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Taxibetrieb im Burgenlandkreis: Wie ein Beinamputierter in Lützen eine neue Berufschance bekommen hat

Taxibetrieb im Burgenlandkreis Wie ein Beinamputierter in Lützen eine neue Berufschance bekommen hat

Jens Heßler führt in Lützen das väterliche Taxi-Unternehmen in zweiter Generation. Dort arbeitet inzwischen auch Tobias Klemm als Fahrer, der wegen eines Unfalls sein Bein verloren hat. Wie er zu der Anstellung gekommen ist.

Von Andrea Hamann-Richter 13.06.2024, 16:06
Tobias Klemm (l.) arbeitet seit etwas mehr als einem Jahr bei Taxiunternehmer Jens Heßler in Lützen.
Tobias Klemm (l.) arbeitet seit etwas mehr als einem Jahr bei Taxiunternehmer Jens Heßler in Lützen. Foto: Eric Schäck

Lützen/MZ. - Jens Heßler aus Lützen ist vielen Menschen in der Stadt und aus der Umgebung bekannt. Schließlich führt der Mann das Taxiunternehmen, das sein Vater Gerd Heßler gegründet hatte, seit vielen Jahren in zweiter Generation weiter. Wie er erzählt, wagte sein Vater noch zu DDR-Zeiten kurz vor der Wende diesen Schritt in die Selbstständigkeit.

Lützener Taxibetrieb überlebt kritische Nachwendezeit

Selbst die nach 1989 noch lange anhaltenden wirtschaftlich schwierigen Zeiten überstand er gut und das, obwohl damals viele Menschen aus Unsicherheit ihr Geld zusammenhielten. Schließlich übergab Gerd Heßler den Staffelstab guten Gewissens an seinen Sohn und ging in den Ruhestand.

Jens Heßler und sein drei Mitarbeiter umfassendes Team bringen heute täglich die Menschen dorthin, wohin sie wünschen. „5 Uhr geht es los“, sagt Jens Heßler. Dabei spiele es auch keine Rolle, ob es weitere oder auch nur kurze Strecken sind. „Bei uns wird niemand stehengelassen“, nennt er seine Geschäftsphilosophie. Ziele sind beispielsweise Ärzte, Physiotherapien, das Stadtzentrum und auch die umliegenden Dörfer.

Lützener Taxichef hat seinen neuen Mitarbeiter als Fahrgast kennen gelernt

Seit dem vorigen Jahr steht ihm als neuer Mitarbeiter Tobias Klemm zur Seite. „Ich hatte ihn als Fahrgast kennengelernt“, erinnert sich der Chef noch gut. Das war im Mai 2023 und Tobias Klemm befand sich zu dieser Zeit als frisch zugezogener Bothfelder auf der Suche nach einer Aufgabe. Dass der 48-Jährige, der aus Erfurt stammt, während eines früheren Berufsunfalls ein Bein verloren hatte und seitdem eine Prothese trägt, hinderte Jens Heßler nicht daran, ihm eine Chance zu geben. Das motivierte Tobias Klemm, der nach dem Unfall zwei Jahre lang im Krankenhaus verbracht hatte. Er wollte auch beruflich sesshaft in der Region werden. Denn zuerst hatte es ihn der Liebe wegen in den Burgenlandkreis verschlagen. In einem Online-Chat hatte der Mann seine heutige Lebensgefährtin kennengelernt und so war er schließlich zu ihr nach Bothfeld gezogen. Dort fühlt er sich sehr wohl und nutzte sofort die Chance, die Jens Heßler ihm bot. Der 48-Jährige erwarb den Personenbeförderungsschein und besorgte alle weiteren Papiere. „Außerdem habe ich alle Orte, die wir anfahren, auf der Karte auswendig gelernt“, sagt Tobias Klemm, denn als Zugezogener war er anfangs noch ortsunkundig.

Davon ist heute keine Rede mehr. Sicher befördert der Mann die Gäste an die gewünschten Ziele. Dabei lernt er nicht nur die Region, sondern auch deren Bewohner immer besser kennen. Denn als Taxifahrer sei er ein Mensch, dem die Fahrgäste auch einmal ihr Herz ausschütten. „Da muss der Fahrgast Vertrauen zum Fahrer haben können“, ist er sich seiner Verantwortung bewusst.