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Weißenfelser Heinrich-Schütz-Haus Weißenfelser Heinrich-Schütz-Haus: Auf Spuren der Steine

Von Bärbel Schmuck 21.12.2015, 09:51
Strahlen in neuer Schönheit: die Reliefsteine vom Erker des abgerissenen Gasthofs „Zum Schützen“ in der Weißenfelser Nikolaistraße.
Strahlen in neuer Schönheit: die Reliefsteine vom Erker des abgerissenen Gasthofs „Zum Schützen“ in der Weißenfelser Nikolaistraße. Peter Lisker Lizenz

Weißenfels - Im Erdgeschoss des Weißenfelser Heinrich-Schütz-Hauses befinden sich große Reliefsteine. Sie sind Teil der neukonzipierten Dauerausstellung und ziehen Besucherblicke auf sich, weil sie sehr dekorativ sind. Und sie haben ihre eigene Geschichte. Dass diese stummen Zeugen aus dem Jahr 1610 einst gerettet werden konnten, ist geschichtsinteressierten Weißenfelsern wie Olaf Brückner und Gerhard Bach zu verdanken. Beide lernten sich zu DDR-Zeiten kennen, als es die Ketten- und Nagelwerke (heute Drakena GmbH) noch als Volkseigenen Betrieb (VEB) gab.

Die steinernen Schönheiten stammen von der Tür und dem Erker des Gasthauses „Zum Schützen“, das gegenüber vom heutigen Heinrich-Schütz-Museum in der Nikolaistraße stand. Der heute nicht mehr existierende Gasthof gehörte dem Vater des Komponisten Heinrich Schütz - Christoph Schütz. Beim Abriss des Gebäudes im Jahr 1979 wurden die Steine zusammen mit dem Schutt auf eine Halde in Richtung Lösau gefahren.

Der damalige Steinmetzlehrling Olaf Brückner hat sie dort mit seinem Vater Erhard Brückner gefunden und Jahre später im Kleingarten der Eltern aufgestellt. Die kunstvoll behauenen Steine sollten auf keinen Fall verloren gehen, blickt Olaf Brückner zurück. Das sah der heutige HeimatchronistGerhard Bach nicht anders, zumal er mit seiner Frau Ilse in den 1960er Jahren im ehrwürdigen Gasthof „Zum Schützen“ Hochzeit gefeiert hat.

„Als wir die Steine aus rotem und weißem Sandstein an der Lösauer Kiesgrube auf einen Anhänger hieven und abtransportieren wollten, kam einer von der Stadt und sagte, wir würden uns strafbar machen. Ich glaube, es war ein Mitarbeiter des damaligen Stadtbauamtes, der uns des Diebstahls von öffentlichem Kulturgut bezichtigen wollte - das war unglaublich, meinen Vater und mich als gemeine Diebe hinzustellen“, erinnert sich Brückner kopfschüttelnd. „Dabei wollten wir die Steine, die man einfach samt Bauschutt auf den Müll geworfen hatte, nur für nachfolgende Generationen retten“, hebt er hervor.

Brückner engagiert sich übrigens heute mit gleichgesinnten Frauen und Männer für den Erhalt des Klosters St. Claren in seiner Stadt und ist Gründungsmitglied des gleichnamigen Bürgervereins, der im kommenden Jahr sein fünfjähriges Bestehen begeht. Inzwischen ist er Vorsitzender des Vereins und sammelt Geld für die Wiederbelebung des ältesten Denkmals der Stadt aus dem Jahr 1301.

Doch zurück zu den Steinen im Schützhaus: Die Wiederentdeckten sind laut Brückner und Bach dann irgendwann eingelagert worden, ist weiter von den Zeitzeugen zu hören. Bei der Neueinrichtung des Schützschen Wohnhauses zum Museum in der Nikolaistraße 13 im Jahr 1985 - anlässlich der Bach-Händel-Schütz-Ehrung - wurden die Steine zur Verfügung gestellt.

Heute erinnert neben den Schmucksteinen noch ein Modell an den elterlichen Gasthof „Zum Schützen“ des ersten deutschen Musikers von Weltruf Heinrich Schütz (1585 bis 1672). Mitarbeiter einer Beschäftigungsgesellschaft, die inzwischen nicht mehr existiert, haben das Modell während einer über den zweiten Arbeitsmarkt gelaufenen Maßnahme geschaffen. Das Miniatur-Lokal steht neben den Relief-Steinen im Erdgeschoss der Musikergedenkstätte und ist Teil der Dauerausstellung, die im Zuge der kompletten Sanierung des Bauwerkes aus der Renaissancezeit gestaltet wurde. Hier verbrachte der sächsische Hofkapellmeister Heinrich Schütz seine letzten Lebensjahre und schuf den „Schwanengesang“ als sein letztes Werk. Auch daran erinnert die moderne Ausstellung mit ihren Hörstationen.

Ebenso als Modell gibt es den „Schützen“ in der Schau.
Ebenso als Modell gibt es den „Schützen“ in der Schau.
Peter Lisker Lizenz
Auch das Bild vom „Schützen“, von Otto Wolf 1931 gemalt, ist Teil der Ausstellung. Olaf Brückner und Gerhard Bach (von links) schauen es sich an.
Auch das Bild vom „Schützen“, von Otto Wolf 1931 gemalt, ist Teil der Ausstellung. Olaf Brückner und Gerhard Bach (von links) schauen es sich an.
Peter Lisker Lizenz