1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Weißenfels: Weißenfels: Leiterin fordert Schließung der Herder-Grundschule

EIL

Weißenfels Weißenfels: Leiterin fordert Schließung der Herder-Grundschule

Von bärbel schmuck 25.04.2013, 14:48
Diese Geräte setzt Chemikerin Dagmar Richter zum Messen der Raumluft ein.
Diese Geräte setzt Chemikerin Dagmar Richter zum Messen der Raumluft ein. Peter Lisker Lizenz

weissenfels/MZ - In der Weißenfelser Herder-Grundschule liegen die Nerven blank. Es hagelt Entschuldigungsschreiben von Eltern, deren Kinder dem Unterricht fernbleiben müssen, weil sie über massive Kopfschmerzen und Allergien klagen. Mütter und Väter führen das auf den teerartigen Gestank zurück (siehe Beitrag „Naphthalin“).

„Die Situation spitzt sich zu, wir müssen hier schnellstens raus, die Schule gehört sofort geschlossen“, fordert Leiterin Felicitas Beutler. Oberbürgermeister (OB) Robby Risch (parteilos) schließt das auf MZ-Nachfrage nicht aus. Die Schule sofort dichtzumachen, darüber könne aber nur das Landesschulamt im Kultusministerium verfügen, räumt der Verwaltungschef ein. „Wir werden uns dazu umgehend verständigen“, sagt der OB. Komme es zur sofortigen Schließung durch das Landesschulamt (für die MZ war dortam Mittwochnachmittag kein Ansprechpartner zu erreichen), biete die Stadt Lösungsvarianten für den Unterricht der Herderschüler in Grundschulen der Ortsteile in Tagewerben und Uichteritz an. Dazu müsste auch über den Punkt Schülerbeförderung gesprochen werden.

Schulleiterin Beutler bleibt sehr aufgebracht und nimmt in Bezug auf die letzte Informationsveranstaltung im Speisesaal der Schule in der Neustadt mit Eltern, Lehrerinnen, Vertretern der Stadt als Schulträger, des Burgenlandkreises und des Landes kein Blatt vor den Mund. „Wir sind enttäuscht, ja wütend, wie verantwortungslos mit dem Problem Schadstoffe, die aus dem Unterbau des Fußbodens kommen, umgegangen wird“, sagt Beutler, während sie am Mittwoch das Prozedere der noch anstehenden Raumluftmessungen begleitete. Messungen, die Dagmar Richter von der Unfallkasse Sachsen-Anhalt in Klassenzimmern und Büros durchführt, nachdem besorgte Mütter und Väter in zwei vorherigen Veranstaltungen diese Maßnahme von der Stadt massiv gefordert hatten.

„Besonders Schüler, die Allergiker sind, fallen uns hier reihenweise um“, beklagt Schulleiterin Beutler. „Wir können doch nicht jeden Tag Kinder, die schlapp machen, nach Hause schicken, Eltern gehen arbeiten, Großeltern auch“, sagt eine andere Lehrerin und ist ratlos.

Saskia aus der vierten Klasse sieht blass aus und fühlt sich matt. „Mir ist schlecht“, flüstert das Mädchen und wird in ein Büro gebracht, in dem sich eine Liege befindet. Die Kleine muss sich hinlegen. Auch Eileen wirkt wie ein Häufchen Unglück - die Augen jucken, die Nase auch und - die Haut brennt. „Ich habe eine Tierhaar-Allergie, aber in der Schule sind keine Katzen, so schlimm wie jetzt waren meine Beschwerden noch nie“, berichtet das Mädchen leise.

Zu den Allergikern in der Klasse 4b gehört auch Duy. „Neuerdings verwendet er Asthma-Spray, was er vorher nicht brauchte“, schildert seine Klassenlehrerin ihre Beobachtungen der vergangenen Tage. „Ich habe plötzlich keine Luft bekommen und ständig diesen stechenden Chemiegestank in der Nase“, erklärt der schwarzhaarige Junge. Die Schulleiterin wiederholt, dass alle hier raus müssten. Die Stadt müsse sich schnellstens eine Übergangslösung einfallen lassen und ein Krisenmanagement auf die Beine stellen. „Wir tragen Verantwortung für 159 Kinder und uns 14 Kollegen, die hier arbeiten“, sagt Felicitas Beutler. Die Stadt stehe in der Pflicht, mit Lüften allein, wie es Amtsarzt Frank Fernau in der jüngsten Elternversammlung eindringlich angemahnt habe, sei es nicht getan.

„Die Hälfte meiner Kraft stecke ich in unser Geruchsproblem aufgrund der Schadstoffbelastungen, die im Dezember in drei Räumen der Schule ermittelt wurden“, erklärt Beutler. Schon zu dieser Zeit hätten die Alarmglocken bei der Stadt schrillen müssen.

Seit dieser Zeit vergehe kaum ein Tag, an dem die Pädagogin nicht das Internet aktiviere, um über ähnliche Fälle zu recherchieren und ihr Wissen über Naphthalin und andere Schadstoffe zu erweitern. „Ich komme mir vor wie der Hamster im Laufrad“, fügt Beutler hinzu und bricht in Tränen aus. Dann erklärt sie gefasst, dass es nicht hinnehmbar sei, wie sich OB und leitende Angestellte bisher verhalten hätten. Ihr werde der Schwarze Peter zugeschoben. „Die Schule muss dicht gemacht werden, bis wir Klarheit haben“, fordert auch Katrin Lenkert vom Elternrat.

Raumluftmessungen zu unterschiedlichen Zeiten, vor und nach dem Lüften: Dagmar Richter von der Unfallkasse Sachsen-Anhalt.
Raumluftmessungen zu unterschiedlichen Zeiten, vor und nach dem Lüften: Dagmar Richter von der Unfallkasse Sachsen-Anhalt.
peter lisker Lizenz
Die Herder-Grundschule befindet sich in der Nordstraße 34 in Weißenfels.
Die Herder-Grundschule befindet sich in der Nordstraße 34 in Weißenfels.
Lisker Lizenz