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Verkehrssicherheit Verkehrssicherheit: Ein Buch mit sieben Siegeln?

Von Klaus-Dieter Kunick 18.06.2015, 17:01
Die Halte- und Parkverbotsschilder, hier im Fritz-Gerasch-Weg in Weißenfels, werden nach jedem Abzweig der Straße neu aufgestellt - im Gegensatz zur Tempobegrenzung, die nach Nebenstraßen weiter gilt.
Die Halte- und Parkverbotsschilder, hier im Fritz-Gerasch-Weg in Weißenfels, werden nach jedem Abzweig der Straße neu aufgestellt - im Gegensatz zur Tempobegrenzung, die nach Nebenstraßen weiter gilt. Peter Lisker Lizenz

Weißenfels - Die Frage an den Senior aus Teuchern war einfach: „Wie lange gelten eigentlich Verkehrszeichen?“ Der 65-Jährige stutzte zunächst und wusste mit der Frage nichts anzufangen. „Ich bin ehrlich, wenn ich das Zeichen nicht mehr sehe, ist es für mich aufgehoben“, antwortet er schließich. Ob das richtig sei, wisse er nicht. Seinen Führerschein habe er seit über 40 Jahren in der Tasche. Bis jetzt sei er damit gut gefahren.

Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Es ist eine einfache Frage, aber die hat es in sich. Gewaltig sogar. Mitunter wird die vor Gericht geklärt. Was passiert beispielsweise mit dem sogenannten Streckenverbot, wenn man über die Kreuzung oder Einmündung geradeaus weiterfährt? Zu den Streckenverboten zählen die Geschwindigkeitsbeschränkungen sowie die Überholverbote. „Laut StVO wird verlangt, dass in solchen Fällen das Schild wiederholt wird. Was ja auch logisch ist, denn einbiegende Fahrer könnten das Zeichen ja sonst nicht sehen“, erklärt der ehemalige Polizeihauptmeister Rainer Görg aus Zeitz. Er fährt fort: „Fehlt diese Wiederholung, aus welchen Gründen auch immer, so darf der Kraftfahrer aber nicht daraus schließen, dass das Streckenverbot gleich aufgehoben ist.“ Das trifft nur für Halte- und Parkverbote zu. Kreuzungen heben Streckenverbote nicht auf! Rainer Görg weiter: Manches Gerichtsurteil geht sogar noch weiter.

Fahrer konnte Verkehrszeichen beim Einbiegen nicht gesehen haben

So wurde ein Autofahrer verurteilt, der in eine Straße außerorts eingebogen war und dort mit über 100 km/h fuhr, obwohl nur 70 km/h erlaubt waren. „Er konnte das Verkehrszeichen jedoch beim Einbiegen nicht gesehen haben, weil es dort fehlte. Dem Autofahrer wurde vor Gericht aber nachgewiesen, dass er ortsansässig war und diese Strecke regelmäßig in der Richtung befuhr, in der das Tempolimit vor der Kreuzung stand.“ Somit hätte ihm das Verbot bekannt sein müssen und der Tempoverstoß war ihm voll anzulasten. Es gebe jedoch eine Schmerzgrenze, denn man könne ja nicht endlos auf Verdacht weiterfahren. Wenn der Geduldsfaden nach etwa zwei Kilometern und mehreren Kreuzungen reißt, kann dem Kraftfahrer kein Vorwurf mehr gemacht werden, dass er das Verbot als beendet ansieht, fügt der Zeitzer hinzu, der sich seit Jahren aktiv in der Verkehrswacht einbringt. Er erklärt, dass Streckenverbote solange gelten, bis sie aufgehoben werden: Durch Aufhebungszeichen, wenn die Strecke verlassen wird sowie beim Erreichen von Ortstafeln.

Der Weißenfelser Fahrlehrer Wilfried Damerau weist außerdem darauf hin: „In der StVO steht leider wenig darüber geschrieben, ob und wann sich Streckenverbote aufheben. Ich bin von daher verpflichtet, mich vor Antritt der Fahrt zu erkundigen.“ Der Weißenfelser berichtet: „Ein Streckenverbot, das mit einer Längenangabe versehen ist mit Meter-Angabe mit zwei Pfeilen im Zusatzzeichen, endet automatisch nach Ablauf dieser Strecke.“ Ein Streckenverbot, das mit einer Entfernungsangabe versehen ist ohne Pfeile, beginnt erst in dieser Entfernung.

Dennoch bleiben am Ende immer noch jede Menge Fragen übrig. Beispielsweise: Beim Einfahren in eine Straße steht ein Parkverbotszeichen ohne Zusatzschild. Wie weit ist dieses Verkehrszeichen gültig? „Bis zur nächsten Straßeneinmündung von rechts. Rechts und links galt es nur zu DDR-Zeit“, sagt Rainer Görg. Kann man bei einem deutlich verdrehten Schild von einer zeitweiligen Außerkraftsetzung ausgehen? „Wenn es nicht sichtbar ist, dann ist es nicht gültig“, ergänzt er. Das passiert recht häufig an Baustellen, dass die Schilder für kurze Zeit verdreht werden, um den Straßenverkehr durch die Baustelle hindurch fließen zu lassen.

In der morgigen Ausgabe lesen Sie, was beim Vorbeifahren von Bussen an Haltestellen zu beachten ist. (mz)

Die Geschwindigkeitsbegrenzung wird mittels Verkehrsschild aufgehoben - hier im Fritz-Gerasch-Weg.
Die Geschwindigkeitsbegrenzung wird mittels Verkehrsschild aufgehoben - hier im Fritz-Gerasch-Weg.
Peter Lisker Lizenz
Achtung: Verkehrsschilder mit einer Tempobegrenzung gelten auch nach einer Nebenstraße weiter.
Achtung: Verkehrsschilder mit einer Tempobegrenzung gelten auch nach einer Nebenstraße weiter.
Peter Lisker Lizenz