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Totgesagte pressen länger Totgesagte pressen länger: Brikett-Herstellung mit Technik aus der Vorkriegszeit

Von Alexander Kempf 10.05.2018, 07:00
Die Brikettpressen aus Zeitz und Magdeburg sind zäh. Vor dem Zweiten Weltkrieg gingen sie in Betrieb und laufen trotzdem noch.
Die Brikettpressen aus Zeitz und Magdeburg sind zäh. Vor dem Zweiten Weltkrieg gingen sie in Betrieb und laufen trotzdem noch. Peter Lisker

Deuben - Der schwarze Strom reißt nicht ab. Ein Brikett nach dem anderen verlässt mit einem Klacken die Abfüllanlage in Deuben. Auf den ersten Blick läuft hier alles wie gewohnt. Doch der Teufel steckt im Detail. Denn die schwarzen Steine werden seit Montag aus Lausitzer Braunkohle hergestellt. „Rekord“, prangt nun auf jedem Deubener Brikett. Es ist ein Markenname, der bei vielen Ostdeutschen Erinnerungen wecken sollte. Denn in der DDR war er omnipräsent.

Der Vertriebsleiter der Lausitzer Energie AG (Leag) spricht gar von einer Kultmarke. Laut Raimond Senzel werden damit heute sogar Designerkaminöfen in Irland geheizt. Die stärkeren Märkte liegen aber traditionell woanders. „Etwa die Hälfte der Menge verkaufen wir nach Osteuropa“, sagt Leag-Mitarbeiterin Marlies Heinrich. Allen Unkenrufen zum Trotz lasse die Nachfrage nach Briketts nicht nach. „Wir haben seit acht Jahren einen stabilen Umsatz“, unterstreicht auch Vertriebsleiter Raimond Senzel.

Ab sofort wird ein Zehntel der losen Ware von Rekord in Deuben produziert. Pro Stunde laufen hier bis zu 18 Tonnen Briketts vom Band. Die dafür notwendige Braunkohle kommt aus dem Lausitzer Revier. Zunächst sollen pro Woche zwei Güterzüge mit 1.500 Tonnen Ladung nach Deuben rollen. Perspektivisch werden es sogar doppelt so viele.

Mibrag-Direktor: „Es ist ein schönes Gefühl, den Leuten mitzuteilen, dass man sie nun unbefristet anstellt“

Doch weshalb dieser immense logistische Aufwand, wenn die mitteldeutsche Braunkohle doch viel näher liegt? Der Schwefelwert der mitteldeutschen Braunkohle ist für eine Brikettproduktion zu hoch, erklärt Ulrich Single, Direktor für Energieerzeugung und Vertrieb bei der Mibrag. Darum ist die Produktion in Deuben 2003 schon mal stillgelegt worden. Erst als es Jahre später zu Engpässen auf dem Brennstoffmarkt kam, ist die Produktion in Zusammenarbeit mit RWE wieder aktiviert worden. Die Braunkohle kam zuletzt aus dem Ruhrgebiet. Im April wäre die Brikettproduktion in Deuben fast ein zweites Mal ausgelaufen.

Dank der Partnerschaft mit der Leag verdienen nun weiterhin rund zwei Dutzend Mitarbeiter in Deuben ihre Kohle mit der Herstellung von Briketts und Kohlenstaub. „Es ist ein schönes Gefühl, den Leuten mitzuteilen, dass man sie nun unbefristet anstellt“, sagt Mibrag-Direktor Ulrich Single. Die Mibrag und die Leag haben mit der tschechischen Holding EPH einen gemeinsamen Eigentümer. Das verspricht Planungssicherheit.

Das mitteldeutsche Bergbauunternehmen schafft für die Zwischenlagerung der Briketts in Deuben sogar einen neuen Lagerplatz mit 2 000 Tonnen Kapazität. Mitte der Woche soll der fertig werden. Es herrscht ein Hauch von Aufbruchsstimmung. „In Deuben wurden schon viele letzte Briketts gemacht“, sagt Mibrag-Vertriebsleiter Fred Pecher mit einem trotzigen Lächeln. Totgesagte pressen länger.

Die alten Brikett-Pressen in Deuben wirken tatsächlich unzerstörbar. Die schnaufenden Ungetüme aus den 1930er-Jahren haben vieles überlebt. Wenngleich Produktionsleiter Andreas Otto erzählt, dass die eine oder andere der einst 13 Pressen heute schon mal als Ersatzteilspender für die anderen dient. Bis zu fünf Maschinen sind noch parallel im Einsatz, damit der schwarze Strom von Briketts nie abreißt. (mz)

Weil nach einer Verpuffung Ende Juli 2018 drei Mitarbeiter, davon zwei schwer, verletzt worden, wird die Brikettproduktion in Deuben eingestellt.
Weil nach einer Verpuffung Ende Juli 2018 drei Mitarbeiter, davon zwei schwer, verletzt worden, wird die Brikettproduktion in Deuben eingestellt.
Peter Lisker