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Totes Baby in Weißenfels Totes Baby in Weißenfels: Gentests als allerletzte Chance für die Ermittler

Von Andrea Hamann-Richter 13.09.2017, 09:20
Gesine Kerwien vom Polizeirevier des Burgenlandkreises in Weißenfels zeigt die Materialien, mit denen die Speichelproben genommen werden.
Gesine Kerwien vom Polizeirevier des Burgenlandkreises in Weißenfels zeigt die Materialien, mit denen die Speichelproben genommen werden. Peter Lisker

Weißenfels - In Weißenfels laufen die DNA-Tests an 18- bis 23-jährigen Frauen seit wenigen Tagen auf Hochtouren. Die Polizei lädt sie derzeit zu Einzelterminen ein und nimmt Speichelproben von ihnen. Doch wie denken junge Weißenfelserinnen über einen solchen Test?

Totes Baby in Weißenfels: Wie denken junge Weißenfelserinnen über die Gentests der Polizei?

Im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung zeigen vier Frauen Verständnis für die Untersuchung. „Wenn ich so einen Brief von der Polizei bekommen würde, würde ich hingehen. Ich habe mir schließlich nichts vorzuwerfen“, sagt Bianca Schmidt. Dass eine Mutter ihr Baby offensichtlich getötet und an der Zeitzer Straße abgelegt hat, ist ein großes Thema in ihrem Freundeskreis gewesen.

Viele empfinden es als Ungeheuerlichkeit. „Es stellt sich die Frage, wer es gewesen sein könnte“, so Bianca Schmidt. Die Weißenfelserin wüsste gerne, welche Nationalität das Baby wohl hatte.

Geschockt von dem Vorfall war auch Pauline Rothe. Sie würde einer Speichelprobe ebenfalls zustimmen. „Ja, ich würde der Einladung der Polizei folgen“, sagt die 20-Jährige. Sie kann nicht begreifen, wie es zu dieser Tat kommen konnte. „Das ist furchtbar und moralisch und ethisch nicht nachzuvollziehen. Es war ein Lebewesen“, sagt die Weißenfelserin. „Auch wenn es psychologische Ursachen hatte, ist das für mich nicht tragbar“, stellt sie klar.

Reaktionen auf den Babyleichenfund in Weißenfels: „Sie hätte sich Hilfe suchen können“

Jessica Henning ist selbst Mutter. In ihrem Kinderwagen lächelt ein fast acht Monate altes Baby. Umso mehr geht der Frau die Geschichte ans Herz. Für die 23-Jährige wäre es keine Frage, eine Probe ihrer DNA abzugeben. Sie würde das selbstverständlich tun. „Sonst würde ja ein Verdacht im Raum stehen“, sagt sie und versteht auch nicht, wie es zu dieser Tragödie kommen konnte.

„Sie hätte sich Hilfe suchen können“, sagt Jessica Henning. Auf die Frage, was sie anstelle der Mutter des toten Babys getan hätte, hat sie sofort eine Antwort parat. „Es gibt Babyklappen und Kinder können auch zur Adoption freigegeben werden“, sagt sie. Für sie selbst aber käme beides nicht infrage. Denn die zweifache Mutter hat eine sehr enge Beziehung zu ihren Kindern. Das sei schon so gewesen, als diese noch in ihrem Bauch gewesen sind.

Totes Baby in Weißenfels: Gentests laufen laut Polizei gut

Sarah Kühn hingegen ist noch keine Mutter. Das Thema hat die junge Weißenfelserin natürlich dennoch wie viele in der Stadt beschäftigt. „Wie kann man sein eigenes Kind töten?“, fragt sie. Ganz klar würde sich aber auch Sarah Kühn für eine DNA-Probe zur Verfügung stellen. „Natürlich würde ich hingehen“, sagt die 22-Jährige, „Ich habe ja nichts gemacht.“ Gelassen reagieren bisher auch jene, die die Polizei eingeladen hat.

Die Tests laufen gut an, berichtet Antje Hoppen von der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt, Halle Süd. Die Frauen, die bislang eingeladen wurden, hätten größtenteils Verständnis für die Untersuchung gezeigt.

Totes Baby in Weißenfels: „Es ist vermutlich die allerletzte Chance die Mutter zu finden“

„Es ist vermutlich die allerletzte Chance die Mutter zu finden“, sagt Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Neufang. Diese Dringlichkeit ist auch die rechtliche Voraussetzung für die Reihenuntersuchung. Rund 250 Frauen will die Polizei anschreiben. Das erhöht die Ermittlungschancen und verstärkt gleichzeitig den Druck auf die Mutter, sich zu melden.

Denn Frauen dürfen zwar den Test verweigern, da Zwangsuntersuchungen als Nötigung gelten und somit verboten sind. „Aber wir werden bei jemandem, der nicht kommt forschen, warum er nicht kommt“, macht der Oberstaatsanwalt klar. Dann fragen die Fahnder im Bekannten- und Freundeskreis nach, ob die betroffene Person schwanger war und nun kein Kind hat.

Der Oberstaatsanwalt erklärt auch, warum gerade die Altersgruppe 18 bis 23 als verdächtig gilt. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich solche Tötungen oft in diesem Alter abspielen. „Spätgebärende neigen nicht dazu, ihr Kind zu töten“, so Hans-Jürgen Neufang. Das Baby war übrigens mitteleuropäischer Herkunft. (mz)