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Tag des offenen Denkmals Tag des offenen Denkmals: Szenen im Holz entdecken

Von Julia Reinard 07.09.2012, 17:53

WEISSENFELS/MZ. - Es gibt diesen Witz: Es sei ganz einfach, ein Pferd zu bildhauern, man müsse von einem Marmorblock nur all das weghauen, was nicht nach Pferd aussieht. Gunter Schmidt-Riedig arbeitet mit Holz, aber das Prinzip kennt er: Er schlägt aus Holzstämmen oder verleimtem Holz all das weg, das nicht nach den Figuren und Szenen aussieht, die er darin sieht.

In einem frisch geschlagenen Birnbaumstamm sah er sofort die Pietà, Christus nach dem Tod aufrecht im Arm seiner Mutter. Dieses Werk steht nun im Weißenfelser Clarissen-Kloster und kann am Sonntag zum Tag des offenen Denkmals besichtigt werden. Die Ausstellung mit dem Titel "Sprechendes Holz" ist seine erste in Sachsen-Anhalt.

Die Verbindung zu Schmidt-Riedig, der am Bodensee wohnt, stellte Eberhard Scheuer, der Vorsitzende des Bürgervereins Kloster St. Claren, her. Beide Männer wurden vor nunmehr 62 Jahren in Glauchau gemeinsam eingeschult. Zum Klassentreffen vor zwei Jahren trafen sie einander wieder. Und so habe Scheuer gleich an den ehemaligen Klassenkameraden gedacht, als feststand, dass das Kloster sich am Denkmaltag beteiligen und das Thema "Holz" lauten würde.

Schmidt-Riedig, der seine Werke seit 1993 zeigt und seitdem knapp 70 Ausstellungen gemacht hat, sagte zu. Vor zwei Tagen begannen sie die Figuren in den Räumen im Rosalskyweg aufzustellen. Am Sonntag wird Schmidt-Riedig Besuchern die Figuren zeigen. Er sagt, er finde bei solchen Gelegenheiten spannend, was andere in seinen Skulpturen erkennen.

Gleichwohl seien die "glücklichsten Augenblicke" des Künstlerdaseins andere. "Die ersten Tage, wenn die Figur entsteht", findet der 68-Jährige am packendsten. Er arbeitet ohne Skizze und Vorlage, was er aus dem Holz herausholt, habe er vorher im Kopf, erklärt er.

In dieser Phase, wenn aus dem Vorgestellten etwas Anfassbares wird, dürfe ihn keiner stören. Er bezeichnet sie als die "anstrengendste Phase". Und doch, dann geschieht, was Kunst ausmacht: Dann trifft Inspiration auf den Gegenstand und es entsteht etwas Neues, etwas Einmaliges.

Was dem folgt, sei Handwerk. Dann würden die Details mehr und mehr herausgearbeitet. Arbeitet er am Anfang noch mit Klüpfel (einer Art Hammer), mit dem er das Schnitzmesser schlägt, ist es am Schluss allein das Schnitzmesser, Stechbeil genannt. Mit dem schabt Schmidt-Riedig seine Figuren so glatt, wie sie zu sehen sind. "Die Figuren haben nie Schleifpapier gesehen", sagt er nicht ohne Stolz.

Wie sich Schmidt-Riedig Goethes Faust, Siddhartha oder biblische Szenen vorstellt, kann man am Sonntag von 10 bis 18 Uhr im Kloster St. Claren anschauen. Die Ausstellung bleibt bis 5. Oktober stehen. Dienstags und donnerstags von 13 bis 17 Uhr, mittwochs von 9 bis 12 Uhr, was insbesondere Schulen ansprechen soll, und sonntags von 10 bis 13 Uhr kann sie angeschaut werden.