Steckdosenstreit im Amtsgericht Steckdosenstreit im Amtsgericht: Dürfen Verteidiger in Weißenfels ihren Laptop laden?

Weißenfels - Der historische Saal 18 des Weißenfelser Amtsgerichts ist ein hübscher Hingucker. Ob die kunstvoll bemalten Glasfenster oder die Holzvertäfelung an den Wänden - vieles atmet in diesem Raum Geschichte. Nun aber ist das Schmuckkästchen in die Kritik geraten.
Als der Leipziger Strafverteidiger Curt-Matthias Engel hier nämlich Ende November einen Mandanten vertreten will, da vermisst er im Saal 18 eine Steckdose, um seinen Laptop aufladen zu können.
Pausen drohen ohne Strom
Das Gerät brauche er, um arbeiten zu können - erklärt der Pflichtverteidiger Engel der anwesenden Richterin Anke Koch. Wenn ihm das Gericht verwehre, seinen Laptop im Saal aufzuladen, dann müsse er das eben in einem Café tun oder zurück in seine Kanzlei nach Leipzig fahren. Die Verhandlung müsste dann konsequenterweise für mehrere Stunden unterbrochen werden.
Die Richterin selbst will zunächst nicht einlenken. „Da muss ich mir Gedanken machen, ob Sie als Pflichtverteidiger geeignet sind“, kommentiert sie den niedrigen Akkustand des Laptops von Curt-Matthias Engel und ermahnt ihn, das künftig bei Terminen in Weißenfels zu berücksichtigen. Worüber dieser wiederum empört ist. „Das ist eine Farce, dass Sie mir verbieten eine Steckdose zu benutzen“, sagt der Strafverteidiger in Richtung der Richterin. Und kündigt noch im Nachgang der Verhandlung an, sich über die Arbeitsbedingungen am Weißenfelser Amtsgericht zu beschweren.
„Auf der dritten schwarz-weiß Kopie erkennen Sie doch gar nichts mehr“
Denn gemäß Curt-Matthias Engel seien Steckdosen an fast allen Amts- und Landgerichten in seinem Heimatland Sachsen längst Standard. Auch am Landgericht in Halle gebe es kein Problem mit der Stromzufuhr. Die sei aus seiner Sicht auch eine Notwendigkeit, zumindest wenn die Justiz zunehmend elektronischer arbeiten möchte. Er selber digitalisiere seine Strafakten schon seit dem Jahr 2002 vollständig. Die Vorteile liegen für ihn auf der Hand. „Auf der dritten schwarz-weiß Kopie erkennen Sie doch gar nichts mehr“, argumentiert der Strafverteidiger.
Angesichts der Geldbeträge, welche Anwälte ausgeben, um einen digitalen Zugang zum Justizsystem eines Landes zu erhalten, erschließt sich Curt-Matthias Engel nicht, warum es während der Verhandlung im Gerichtssaal dann keine Stromzufuhr geben soll. Im Saal 18 des Weißenfelser Amtsgerichts hat Richterin Anke Koch Ende November dann doch noch eingelenkt und dem Pflichtverteidiger angeboten, dessen Laptop während einer Verhandlungspause in ihrem Büro aufladen zu können.
Taugt der Kompromiss als Dauerlösung?
Das klingt wie ein Kompromiss. Doch taugt der als Dauerlösung? Der Direktor des Weißenfelser Amtsgerichts erklärt auf Nachfrage der Mitteldeutschen Zeitung, dass im Saal 18 wie in anderen Sälen sehr wohl Steckdosen für die Strafverteidiger zur Verfügung stehen. „Im angesprochenen Fall war die Sitzordnung abweichend, da mehrere Angeklagte und mehrere Verteidiger anwesend waren.
Diese nahmen, um den Türbereich nicht zuzustellen, an der Fensterseite des Saales Platz. Hier ist die nächste Steckdose etwas versteckt angebracht aufgrund der historischen Ausstattung und Möblierung des Saals von der Verteidigerbank etwas entfernt“, erläutert Markus Niester.
Amtsdirektor findet Lösung
Er habe nachdem er von dem Problem erfahren habe, sofort Abhilfe schaffen lassen, teilt der Direktor des Weißenfelser Amtsgerichts der Mitteldeutschen Zeitung weiter mit. „Die Protokollanten kennen nunmehr die Platzierung der Steckdose, ein Verlängerungskabel liegt im Saal bereit, sollte es benötigt werden.
Eine Lösung der Situation, wie sie Frau Koch zur Stromversorgung des Verteidigers gefunden hat, ist insoweit zukünftig nicht mehr nötig“, stellt Markus Niester klar. (mz)