Starke Frauen Starke Frauen: Keine Angst vor Ungeziefer
Weißenfels - Nein, das ist weiß Gott nicht jedermanns Sache: sich mit Kakerlaken, Ratten, Wespen, Mäusen und - wer weiß was noch alles für Tierchen - abzugeben. Luise Tympel kann das. Sie muss es sogar. Von berufswegen - die 25-Jährige arbeitet in der Firma Unikill in Borau, ein Unternehmen, das sich mit Schädlingsbekämpfung befasst. Dass sie nach dem Abitur Landwirtschaft studierte, mag sie „geerbt“ haben, schließlich hatten ihr die Eltern das so vorgelebt. Aber das war nicht von Anfang an klar. „Ich wusste nicht gleich, wie es nach der Schule weitergehen sollte.“
Selbstversorger kennengelernt
Aus der Not machte Luise eine Tugend - sie organisierte im Auftrag eines Reiseveranstalters Abi-Reisen. Ein Jahr lang tourte sie durch halb Europa. Erst dann begann sie an der Uni in Halle sich intensiv mit Ackerbau und Viehzucht zu befassen. Ein Praktikum brachte es mit sich, dass sie gemeinsam mit ihrer Freundin sieben Wochen lang auf einem Biobauernhof in Kanada zubrachte. Sie lernte eine Infrastruktur kennen, die sie bis dahin nicht gekannt hatte. „Wenn die Familie mit dem Auto zu ihren Nachbarn fuhren, dann waren sie gleich mal drei Stunden unterwegs“, erzählt sie schmunzelnd. Und zum Biobauernhof gehörte ferner dazu, dass sie Selbstversorger gewesen seien. „Da habe ich viel für mein Leben gelernt“, sagt sie. Was es beispielsweise heißt, auf sich allein gestellt sein Leben zu meistern.
Nichts hinzulernen musste sie hingegen in der Liebe zu Tieren. Ein Hund namens Alfred fehlt in ihrem Leben ebenso wenig wie ein Pferd. Der Sennenhund soll demnächst ausgebildet werden zum Bettwanzen-Spürhund. Bettwanzen seien eines der großen Einsatzgebiete, auf die sich die Firma vorbereite. Und mit dem Pferd nimmt Luise Tympel an Springreit-Turnieren teil. Ihre Freizeit sei gut gefüllt.
Na gut, werden viele meinen, sich mit Hund und Pferd abzugeben, sei nachzuvollziehen. Aber mit Kakerlaken? Besteht da nicht ein Ekelfaktor? „Nein, eklig ist das für mich ganz und gar nicht“, ergänzt sie. Sie habe keine Phobie. Und demjenigen, dem man helfe, der sei froh, dass er sein Problem loswerde. Gegen den althergebrachten Begriff „Kammerjäger“ habe sie rein gar nichts einzuwenden.
Ursachenforschung
„Unsere Techniker begutachten zunächst den Befall und betreiben Ursachenforschung“, berichtet sie. Ganz wichtig sei im Vorfeld das Gespräch mit dem Kunden, denn der könne mehr erzählen als der Schädlingsbekämpfer auf den ersten Blick sieht. Zu den 13 Technikern, die die Firma ihrer Eltern beschäftigt, zählt sie allerdings nicht. Ihr Hauptmetier ist das Erstellen von Angeboten. Gut 80 Prozent der Aufträge kommen aus der Lebensmittelindustrie, die regelmäßig hygienischen Kontrollen unterliegen. Also reist Luise Tympel von Borau bis nach Zittau, in das Eichsfeld, nach Nordhessen, aber auch bis Erfurt und Frankfurt/Oder sowie bis rüber ins bayerische Hof. Dass sie irgendwann das Unternehmen übernimmt?
„Gut möglich, aber wer weiß schon, was in zehn oder 15 Jahren los ist“, sagt die junge Frau, die mit ihrem Freund Stephan derzeit in Leipzig wohnt. Wie also sieht eine 25-Jährige ihre Zukunft? Locker. Stress kommt nicht groß auf, Luise betrachtet das Ganze eher entspannt. Sie weiß, was sie will. Emanzipation sei für sie kein Fremdwort und erklärt entschlossen: „Frauen können das Gleiche leisten wie Männer.“ Mit der Brechstange könne man die Gleichberechtigung nicht lösen.
„Viele gehen an das Thema zu verbissen heran.“ Offenheit und Ehrlichkeit seien in einer Beziehung wichtig. Selbstverständlich stehe auch sie eines Tages nach der Geburt ihres Kindes vor der Frage, wer zu Hause bleibe und auf das Kleine aufpasse. „Ich halte viel von Elternzeit. Jeder soll doch was von dem Kind haben, wenn es klein ist.“ Es gehe schließlich darum, dass beide diese Zeit genießen. Lesen Sie im Beitrag am Dienstag, dass sich die Themen Technik und Frauen überhaupt nicht ausschließen.