Schwere Vorwürfe gegen Sozialamt Schwere Vorwürfe gegen Sozialamt: Wurde Weißenfelserin von Mitarbeitern gedemütigt?
Weißenfels - Es fällt ihr nicht leicht, darüber zu sprechen, aber Adelheid G. (Name geändert) kann nicht fassen, was ihr vor wenigen Tagen passiert ist. Während eines Besuches beim Sozialamt des Burgenlandkreises in Weißenfels ist sie nach ihren Aussagen demütigend behandelt worden.
Rentnerin wurden 60 Euro vom Sozialamt gekürzt: „Das ist für mich ein Vermögen“
Die 64-Jährige erzählt, was sich aus ihrer Sicht ereignet hat. „Ich bin hingegangen, weil ich mit meinem Geld nicht über den Monat komme“, sagt sie. Der Grund lag darin, dass es eine Überzahlung gegeben habe. Adelheid G. bekommt neben ihrer Rente Unterstützung vom Sozialamt, weil ihre Rente zum Leben nicht ausreicht. Als die Rente leicht anstieg, blieb die Zahlung vom Sozialamt dieselbe. „Ich dachte, das muss so sein, sonst hätten die sich schon gemeldet“, sagt sie. Doch dann wurden ihr das zu viel gezahlte Geld, das sind 60 Euro, bei der nächsten Überweisung vom Sozialamt komplett abgestrichen.
„Das ist für mich ein Vermögen“, so die Weißenfelserin, die einst im Weißenfelser Schuhwerk arbeitete. „Dabei meldet sich das Sozialamt sonst sofort und bei praktisch jedem Krümel“, so die Frau.
Rentnerin erhebt Vorwürfe gegen Sozialamt: „Sie haben mich wie einen Menschen zweiter Klasse behandelt“
Nun bat sie beim Sozialamt um Unterstützung. „Sie haben mich unwürdig behandelt“, sagt sie. Es habe abfällige Blicke gegeben, es sei ihr kein Guten Tag gewünscht worden und einen Stuhl sei ihr im Büro auch nicht angeboten worden, dabei falle ihr das Stehen schwer.
„Sie haben mich wie einen Menschen zweiter Klasse behandelt“, sagt sie. Dabei habe es sie schon Überwindung gekostet, dort hinzugehen. Um hundert Euro habe sie gebeten, 30 Euro habe man ihr als Ausnahme schließlich zugebilligt.
Vier Tage Nudeln die Woche: Geld reicht laut Rentnerin nicht für mehr
„Sehe ich denn aus wie ein Assi?“, fragt sie. Adelheid G. ist ordentlich gekleidet. Jeans, schwarze Schuhe, Shirt, Jacke. Sie erzählt, wie es ist, in Deutschland arm zu sein. 500 Euro bekommt sie Rente, 120 Euro Sozialhilfe. Miete zahlt die Frau 295 monatlich und 50 Euro für Strom. Der Rest? „Essen, trinken, aus, Schluss“, fasst sie zusammen.
„Ich kann mir nichts leisten. Wirklich nichts“, sagt sie. Montags koche sie sich Nudeln. Die gebe es bis Donnerstag. Donnerstags kaufe sie sich ein Netz Kartoffeln. Von denen isst sie bis Sonntag. Fleisch? „Nein“, sagt sie, winkt ab und überlegt. Das letzte Mal ein Schnitzel habe sie auf der Beerdigungsfeier ihrer Mutter gegessen. Das war 2006. Wurst? Käse? „Zu teuer.“
Geschenke für ihre Enkel müsse sie sich mühsam zusammensparen
Sie hat zwei Enkel. Denen spendiert sie manchmal eine Kugel Eis. Die Kinder würden sich auch mal über einen Becher Eis freuen, aber so ein Luxus sei nicht drin. Wenn die Enkel Geburtstag haben, spare sie pro Monat fünf Euro, bis 20 Euro zusammen sind und kauft ein Geschenk. „Auf einmal könnte ich das Geld nicht aufbringen“, erzählt die Rentnerin. Sie schlafe schlecht. Die Matratze sei, wie ihr gesamtes Mobiliar, längst in die Jahre gekommen. „Aber so etwas bezahlt das Amt nicht“, sagt sie. Computer? Internet? Utopie.
Verwunderung mit Mitarbeitern: Wie der Burgendlandkreis die Lage schildert
Auf Anfrage teilt die Pressestelle des Burgenlandkreises mit, dass die Beschreibungen von Adelheid G. bei den beiden Mitarbeiterinnen höchste Verwunderung ausgelöst habe und aus deren Sicht nicht nachvollzogen werden können. Adelheid G. sei schon vorab gesagt worden, dass ihr 30 Euro ausgezahlt würden.
Sie sei freundlich begrüßt und ihr auch ein Platz am Besuchertisch angeboten worden. Das gesamte Gespräch sei ruhig und freundlich verlaufen. So stehe die Situationsschilderung konträr zu der der Frau, wobei die Aktenlage eher die Darstellung der Mitarbeiterinnen des Sozialamtes stütze, heißt es weiter.
Beide Mitarbeiterinnen würden seit Jahren im Sozialhilfebereich arbeiten und könnten mit der Situation von hilfebedürftigen Menschen kompetent und mit Herz und Freundlichkeit umgehen. So steht Aussage gegen Aussage.
Das löst das Problem von Adelheid G nicht. Wie sie mit den 30 Euro bis zum Ende des Monats reichen soll, weiß sie nicht. „Wahrscheinlich nichts mehr essen“, lautet ihrer Prognose. Vielleicht hat die Frau aber Glück und wird in den Mülleimern von Weißenfels auf der Suche nach Leergut fündig. Darauf baue sie, denn jeder Cent zählt. (mz)