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Schlachthof Weißenfels Warum es unter den Fleischkontrolleuren im Tönnies-Werk gärt

Fleischkontrolleure am Weißenfelser Tönnies-Standort kritisieren, dass der Burgenlandkreis trotz zu wenig Arbeit neue Stellen ausschreibt. Was Landratsamt, Firma und Gewerkschaft dazu sagen.

Von Martin Walter Aktualisiert: 08.02.2024, 14:35
Die Schweine, die wie auf diesem Foto  aus dem Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück von Schlachtern zerlegt werden, werden von den Fleischkontrolleuren auf Krankheiten untersucht.
Die Schweine, die wie auf diesem Foto aus dem Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück von Schlachtern zerlegt werden, werden von den Fleischkontrolleuren auf Krankheiten untersucht. Foto: dpa

Weissenfels/MZ. - Fleischkontrolleure, die bei Tönnies arbeiten und über das Veterinäramt des Burgenlandkreises angestellt sind, sind verwundert.

Denn die Kreisverwaltung hat neue Stellen ausgeschrieben, obwohl die amtlichen Fachassistenten im Sachgebiet Fleischhygiene – so deren korrekte Berufsbezeichnung – „zu wenig Arbeit“ hätten, wie eine von ihnen sagt. „Ich bin auch der Meinung, dass wir keine neuen Leute brauchen. Die, die da sind, reichen vollkommen aus“, sagt ein weiterer Fleischkontrolleur, den die MZ unabhängig dazu befragt hat. Beide möchten nicht namentlich erwähnt werden.

Wie viele Stellen konkret ausgeschrieben sind, möchte die Kreisverwaltung aus „bewerbungstaktischen Gründen“ nicht preisgeben. „Aufgrund der aktuellen und zukünftig zu erwartenden Erhöhung der Schlachtzahl werden amtliche Fachassistenten benötigt“, begründet Ariane Körner, Genehmigungsdezernentin des Burgenlandkreises, die Ausschreibungen. Ihren Angaben zufolge werden momentan werktags circa 11.000 Schweine im Weißenfelser Tönnies-Werk geschlachtet und deren Fleisch untersucht.

Tönnies bestätigt erhöhte Schlachtzahlen

„In der Tat sind die Schlachtzahlen am Standort Weißenfels zuletzt wieder moderat gestiegen“, bestätigt Fabian Reinkemeier. Der Tönnies-Sprecher weist darauf hin, dass die Marktlage „derzeit aber viel schwankender als noch vor ein paar Jahren“ sei und die Schlachtzahlen sowohl von den verfügbaren Tieren als auch der Nachfrage abhänge. Auch Tönnies sehe „in der täglichen Besetzung eher einen Mangel“ und begrüße daher die Initiative des Kreises.

Zwar sprechen auch die beiden Fleischkontrolleure von derzeit täglichen Schlachtzahlen zwischen 10.000 und 11.000, bezweifeln aber, dass diese künftig steigen werden. Die Fleischkontrolleurin habe sogar „intern erfahren, dass die Schlachtzahlen erst einmal so bleiben“. Das Problem bestehe vor allem darin, dass die Fleischkontrolleure mit ihrem sogenannten Tarifvertrag Fleischuntersuchung „nach Arbeitsanfall“ bezahlt werden und schon jetzt „nicht mehr viel vom Kuchen“ für alle übrig bleibe, wie sie sagt.

Debatte schon vor einem Jahr

Die Debatte ist indes nicht neu. Vor rund einem Jahr haben die Fleischkontrolleure schon einmal kritisiert, dass sie zu viele für zu wenig Schlachtungen seien. Im März 2023 wurden nach Angaben der Kreisverwaltung täglich zwischen 7.000 und 9.000 Tiere im Weißenfelser Werk geschlachtet. Damals gab es 82 Fleischkontrolleure. Hinzu kamen 18 Tierärzte sowie 16 Hilfskräfte. Momentan arbeiten 70 Fleischkontrolleure, 17 Tierärzte sowie sieben Hilfskräfte an fünf Werktagen im Zwei-Schichtsystem am Weißenfelser Schlachthof, wie Ariane Körner sagt. Während sich die Mitarbeiterzahl innerhalb eines Jahres reduziert hat, sind die Schlachtzahlen in dieser Zeit wieder gestiegen, was Neueinstellungen plausibel erscheinen lässt.

Um die Situation der Fleischkontrolleure zu verbessern, hatte die SPD-Kreistagsfraktion im vorigen Jahr einen Antrag gestellt, sie in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes zu überführen. Daraus ist nichts geworden. Laut dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Erben sei der Vertragswechsel „zu Tode geprüft“ worden. In dem Prüfbericht der Kreisverwaltung heißt es unter anderem, dass der momentane Tarifvertrag „auch im Interesse der Beschäftigten“ sei, da „Schwankungen im Arbeitsanfall besser bewältigt werden können“.

Mehrheit für Tarifwechsel

Die beiden Fleischkontrolleure, mit denen die MZ gesprochen hat, bestätigen zwar, dass manche Fleischkontrolleure mit der jetzigen Situation zufrieden seien, jedoch hauptsächlich die, die dies nur nebenberuflich machen und ein weiteres finanzielles Standbein hätten. Die beiden – wie auch die Mehrheit ihrer Kollegen – seien aber für den Wechsel in den Tarifvertrag des öffentlichen Diensts gewesen.

Auch Rüdiger Erben sei weiterhin der Auffassung, „dass wir eine Lösung brauchen“, und wenn diese darin bestehe, den derzeitigen Tarifvertrag Fleischhygiene zu überarbeiten. Dazu bedürfe es aber der Initiative der Gewerkschaft Verdi. Diese werde laut der Fleischkontrolleurin aber „erst aktiv, wenn mindestens 30 Prozent von uns in der Gewerkschaft sind“, was nicht der Fall sei.

„Gewerkschaftliche Organisation ist keine Einbahnstraße“

Das bestätigt Johannes Mielke, Verdi-Gewerkschaftssekretär für den Burgenlandkreis: „Gewerkschaftliche Organisation ist keine Einbahnstraße. Eine gewisse Bereitschaft der Belegschaft muss erkennbar sein“. In der Vergangenheit habe es bereits eine Verdi-Kampagne für Anpassungen im Fleischuntersuchungsvertrag gegeben, die jedoch wegen zu weniger Mitglieder gescheitert sei. Verdi wolle sich aber weiter dafür einsetzen. Doch „ein gemischtes Vertragssystem“, wie es Johannes Mielke ins Spiel bringt, sei laut Prüfbericht der Kreisverwaltung „im Hinblick auf den Betriebsfrieden abzulehnen“.