Neue Fachrichtung am Fachgymnasium Weißenfels Neue Fachrichtung am Fachgymnasium Weißenfels: Junge Frau liebt die Physik

Weißenfels - „Die technischen Fächer haben mir schon immer Spaß gemacht“, berichtet Jessica Zörkler. Physik beispielsweise. Oder auch früher das Werkeln mit Holz. Und so ist es fast kein Wunder, dass die 18-Jährige an der Berufsbildenden Schule in Weißenfels im Fachgymnasium in der Fachrichtung Technik/Ingenieurwissenschaften gelandet ist. Zehn Schüler meldeten Interesse an - neun Jungen und ein Mädchen: Jessica, die in Goldschau zu Hause ist und die 10. Klasse in Droyßig absolvierte. Technik - das sei eben Männersache, so jedenfalls würden immer noch viele denken.
Hochschulreife erlangen
Jetzt, in der 11. Klasse, hat es ihr die Bautechnik besonders angetan, aber auch alles, was Elektro- oder Metalltechnik anbelangt, dafür kann sie sich erwärmen. „Es hat eben mit Physik zu tun.“ Auf die Frage wie es nach der 13. Klasse, dann, wenn sie die Hochschulreife erlangt hat, weitergeht, spricht sie ruhig davon, dass sie gern ein Studium anschließen würde.
Wahrscheinlich an der Fachhochschule in Merseburg. „Jessica hat die Wahl, sie muss sich später nicht zwingend der Technik widmen, auch alle anderen Fachrichtungen beim Studium stehen ihr offen“, sagt Bereichsleiterin Uta Prüfer, die zugleich bestätigt, dass Jessica eher zurückhaltend auftrete. Dennoch. Einen Bogen um ihre Träume macht die junge Frau nicht - Mann, Haus, Kind, Arbeit. Sie spricht im Schnelldurchlauf über das, was sie bewegt. Einen guten Job finden, sei wichtig. Und der müsse vor allem Spaß machen. Uta Prüfer ist sich nahezu sicher, dass Arbeitgeber auf Jessica zurückgreifen werden. Bei dem Fachkräftemangel hierzulande könne sich dem doch niemand verweigern.
Kooperation der Schulen
Der Elftklässlerin stehen dabei Tür und Tor offen. Zumal die Berufsbildende Schule in der Saalestadt eine Kooperation mit der Fachhochschule Merseburg eingeht. Die Schüler können sich vor Ort mit der Einrichtung bekannt machen und haben beispielsweise die Möglichkeit, das Techniklabor kennenzulernen. Aus dem Grund tauschen sich die fünf Berufsbildenden Schulen in Sachsen-Anhalt, die sich dafür verwenden, auch untereinander aus, ergänzt Uta Prüfer. Immerhin ist die Fachrichtung am Weißenfelser Fachgymnasium in diesem Jahr zum ersten Mal aufgelegt worden. Neuland also.
Für Jessica Zörkler ist das eine spannende Geschichte. Nicht nur in der Gegenwart, sie blickt auch gespannt in die Zukunft. Ob sie eines Tages in einem Unternehmen gar in der Führungsetage sitzt? „Das weiß ich nicht, vielleicht.“ Mag sein. Es ist ein weiter Weg bis dahin, den die 18-Jährige wahrscheinlich nicht permanent im Blick hat. Noch nicht. Mit dem Wort „Frauenquote“ jedenfalls wisse sie nicht viel anzufangen.
„Ich habe mich damit noch nicht groß befasst“, gesteht sie ehrlich. Doch wenn Frauen mit der gleichen Qualifizierung wie Männer im Beruf nicht aufsteigen können, dann sei das ungerecht. Aber auch das Thema lasse sie ruhig auf sich zukommen. Momentan befasst sich Jessica nicht mit der Zukunft, sondern hat noch ganz andere Dinge im Sinn: Die Fahrschule. Sie möchte so schnell wie möglich flexibel sein. Soll heißen, mit dem Auto von zu Hause zur Schule fahren, das sei ihr sehnlichster Wunsch. Denn diesen Part übernehmen ihre Eltern. „Wer von ihnen Zeit hat, der bringt mich und holt mich hier auch wieder ab“, erzählt sie. Mit dem Bus gebe es von Goldschau nach Weißenfels keine vernünftige Verbindung. Ihre Eltern würden hinter ihr stehen und sie unterstützen. Dafür sei sie ihnen dankbar.
Am kommenden Donnerstag lesen Sie im nächsten Beitrag unserer Serie, warum eine studierte Pädagogin nach der Wende Autos an den Mann, pardon, Frau bringt. (mz)