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Mehrbelastung durch Flüchtlinge Mehrbelastung durch Flüchtlinge: Weißenfelser Frauenhaus arbeitet am Limit

Von Carmen Busch 23.03.2016, 16:52
Birgit Peterz und ihre Kolleginnen gehen täglich an ihre Grenzen.
Birgit Peterz und ihre Kolleginnen gehen täglich an ihre Grenzen. Peter Lisker

Weissenfels - Zu wenig Geld, zu wenig Personal und neuerdings Sprachbarrieren - das Frauenschutzhaus in Weißenfels steht vor alten, aber plötzlich auch neuen Herausforderungen. Denn neben Frauen aus Weißenfels oder Naumburg kommen jetzt auch welche zum Beispiel aus Syrien, um Schutz vor häuslicher Gewalt zu finden.

Drei fest angestellte Frauen kümmern sich um maximal 17 Personen im Haus. „Wir sind zu wenige, um das auf Dauer zu leisten“, sagt Birgit Peterz. Sie befürchtet sogar, dass sie sich übernehmen. „Aber wenn wir nicht da sind, wer macht es dann“, fragt die Weißenfelserin besorgt. Über Gewalt in der Partnerschaft wird kaum geredet. Für jede Frau steht die Tür offen. „24 Stunden lang in Bereitschaft zu sein, rund um die Uhr, ist eine Selbstverständlichkeit für uns“, räumt auch Mitarbeiterin Manuela Kästner ein. Sie sind weder Therapeuten noch speziell in Psychotraumatologie ausgebildet, übernehmen aber diese Aufgaben.

Verein fühlt sich allein gelassen

Aber eine Mutter kommt nicht alleine ins Frauenhaus. „Nicht nur die Frauen sind durch die Gewalt stark traumatisiert, sondern auch ihre Kinder“, erzählt Peterz und weist darauf hin, dass auch keine Sorge mehr um die psychischen Leiden der Kinder getragen werden kann. „Eine spezielle Hilfe für die Kinder ist dabei extrem wichtig“, fügt sie hinzu. Aber diese könne der Verein aus eigener Kraft oder allein durch Spenden sich nicht leisten. Generell sieht sich der Verein von der Kommune allein gelassen.

„Die Stadt Weißenfels hat sich selbst aus der Verantwortung genommen für ihre Frauen“, bemerkt die Leiterin enttäuscht. Da in dem Frauenhaus nicht nur Weißenfelserinnen Zuflucht suchen können, übernimmt die Kommune laut ihrer Pressestelle keine weiteren Zuschüsse und finanziert nur die wirtschaftlichen Kosten wie Unterhalt und Versicherung der Immobilie. Diese Kosten betragen im laufenden Jahr circa 5.000 Euro. Ohne die Zuwendungen des Landes Sachsen-Anhalt mit einem jährlichen Festbetrag in Höhe von 65.550 Euro für Personal- und Sachkosten sowie die des Burgenlandkreises in Höhe von 19.500 Euro sei der Verein kaum in der Lage, die laufenden Personalkosten zu tragen. Allein zwei Drittel der Kosten sind für das Personal nötig.

Laut der Pressesprecherin des Justizministeriums, Ute Albersmann, hat das Land den Etat für alle Frauenhäuser in Sachsen-Anhalt innerhalb der letzten drei Jahre erhöht. „Uns sind die neuen Mehrkosten für die Häuser bewusst“, so Albersmann. Im Fall von Weißenfels bedeutet das eine Erhöhung des Etats um rund 5.000 Euro pro Jahr.

Probleme mit der Verständigung

Dieses Geld habe das Haus auch nötig, denn seit Mitte 2015 kommen auch Frauen arabischer Nationalität aus den Asylheimen dazu. „Wir haben fünf ausländische Frauen im Haus aufgenommen und vier speziell beraten“, erzählt Mitarbeiterin Manuela Kästner. Die Probleme und Aufgaben, die seitdem auf die Mitarbeiterinnen zukommen, sind mannigfaltig. Die Asylbewerberinnen haben neben dem Krieg auch körperliche Grenzerfahrungen auf der Flucht und in den Unterkünften machen müssen. Misshandlungen und Vergewaltigungen sind keine Seltenheit dabei. „Die arabischen Frauen stammen aus einer sehr patriarchalisch dominierten Kultur“, sagt Peterz. Gegen Schläge vom Ehemann wehren sich auch dort die wenigsten.

Eine große Barriere ist für alle obendrein die Sprache. „Unser Problem liegt bei der Verständigung“, räumt sie ein. Ohne eine grundsätzliche Kommunikation funktioniere das Leben im Haus nicht. Für einen Dolmetscher muss das Frauenhaus selbst aufkommen. „Und nicht jeder spricht den gleichen Dialekt“, erklärt Kästner offen.

Keine Extragelder vom Land

Eine Syrerin beispielsweise, die ins Frauenhaus nach Weißenfels kommt, muss behandelt werden als wäre sie eine Frau aus Stendal und nicht aus Aleppo. Wie jede andere zahlt sie pro Tag eine Gebühr. Diese bezahlt sie aus den Leistungen, die sie entweder vom Jobcenter oder vom Integrations- und Ausländeramt des Kreises erhält. Im Gegensatz zu anderen Einrichtungen, die auf Flüchtlinge spezialisiert sind, erhält ein Frauenhaus nichts aus dem Verteilerschlüssel für Asylanten.

Laut Ministeriumssprecherin Albersmann ist eine zusätzliche Bezuschussung der Häuser für Asylantinnen nicht geplant. Man unterstütze aber mit Broschüren in verschiedenen Sprachen die Aufklärungsarbeit aller Frauenhäuser. (mz)