Margitta Terborg Margitta Terborg: Was die langjährige Bundestagsabgeordnete mit Weißenfels verbindet

Weißenfels - Wenn die Euphorie des Aufbruchs längst verflogen ist, kann die Erinnerung daran umso spannender sein. Das dachten sich die Weißenfelser Sozialdemokraten und luden dieser Tage jemanden zur Gesprächsrunde in die Saalestadt ein, der die Anfänge der SPD nach der gesellschaftlichen Wende hier hautnah miterlebt hat: Margitta Terborg.
Am 18. Januar 1990 war es die heute 76-Jährige, die im damaligen „Haus der Werktätigen“ vor rund 1 000 Interessenten eine persönliche Grußadresse von Willy Brandt verlas. Eine Botschaft an jene Weißenfelser, die an diesem Tag voller Euphorie einen SPD-Ortsverein gründen wollten. Das „Haus der Werktätigen“ wurde später zum „Goldenen Hirsch“ und dümpelt mittlerweile leerstehend vor sich hin.
Margitta Terborg saß fünf Legislaturperioden lang im Bundestag
Für Margitta Terborg, geborene Hendrich, war jener Januartag eine Rückkehr in die Stadt ihrer Kindheit. Führte doch nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Weg von Schlesien nach Weißenfels. Über jene abenteuerlichen Tage erzählte sie den rund 30 Interessenten im Hotel „Güldene Berge“.
„Wir brachen am 13. Februar 1945 von Dresden auf, am nächsten Morgen um drei waren wir in Weißenfels - da lag Dresden in Schutt und Asche“. Dreieinhalb Jahre alt war sie, als die Bomben auf die Stadt an der Elbe fielen. Drei Jahre später wurde sie in der Weißenfelser Bergschule eingeschult. Nach Schule und Ausbildung sahen ihre Eltern im Osten jedoch keine Perspektive mehr und verließen das Land noch vor Schließung der Mauer in Richtung Westen.
Was in den kommenden Jahrzehnten folgte, war eine ansehnliche politische Karriere. Von 1980 bis 1998, fünf Legislaturperioden lang, saß die Sozialdemokratin aus dem Wahlkreis Weser-Marsch im Bundestag. Dabei konnte die ehemalige Weißenfelserin gleich drei politische Schwergewichte der SPD hautnah erleben: die Bundeskanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt sowie Herbert Wehner.
„Die Öffnung der Mauer ist für mich noch immer ein Glücksfall“
Stoff genug für die eine oder andere Anekdote beim Treffen mit jenen, die heute die Fahne der Sozialdemokratie in Weißenfels hochhalten. Mit Herbert Wehner (1906-1990), landläufig eher als knurriges Polit-Urgestein in Erinnerung geblieben, und seiner Frau verbrachte sie sogar einen Urlaub. „Herbert Wehner konnte sehr mitfühlend sein“, erzählte sie den andächtig Lauschenden.
„Die Öffnung der Mauer ist für mich noch immer ein Glücksfall“, sagte Margitta Terborg und war an diesem Abend in Weißenfels irgendwann im Heute angekommen. Längst verflogen die Euphorie, eher mühsam die Ebenen der Politik. Der Neuauflage der Großen Koalition hat sie zugestimmt, obwohl sie im Innersten eigentlich dagegen ist, gestand sie freimütig.
Und die Hartz-IV-Gesetze seien ein Fehler gewesen. Vorlage genug, um nach einem spannenden Blick zurück über die politische Zukunft zu diskutieren. (mz)