Leipziger Völkerschlacht Leipziger Völkerschlacht: Zum Jubiläum pilgern Touristen in die Ausstellungen

Weissenfels/Grossgörschen/MZ - Ein Landrover hält vor dem Großgörschener Dorfmuseum. Aus dem Leipziger Biwak ist ein halbes Dutzend uniformierter Franzosen herübergekommen. Sie sind aus Savoyen im Osten ihres Heimatlandes. Freitag also die Bildungstour und Sonntag zum 200. Jahrestag aktiv bei der Völkerschlacht dabei: Erinnerungen, die bleiben werden.
50 Landsleute erfahren am Morgen von Museumsleiter Martin Schmager in der Neu-Augustusburg, dass Weißenfels seinerzeit 4.000 Seelen zählte, aber 3.000 Verwundete hier untergebracht waren. Ein „aaah“ ist zu hören, als Schmager sagt, dass Napoleon das Denkmal von 1796, das an die Niederlage der Franzosen 1757 in der Schlacht bei Roßbach erinnert, nach Paris bringen ließ.
Mit 50 Interessenten ist Simon Doillon nach Deutschland gereist, der Fahrten zu den Schlachtfeldern napoleonischer Kriege organisiert. Selbst in Moskau sei man schon gewesen. Nur nach Ägypten wäre man wegen der Unruhen dort nicht gekommen. Thierry Choffat ist Präsident eines Napoleon-Vereins mit 900 Mitgliedern. Seitdem er ein Buch über den Korsen gelesen hatte, ist er Feuer und Flamme für diesen Teil der französischen Geschichte. Im Museum trägt er die Uniform eines Mamelucken, die nach dem Ägypten-Feldzug zur Garde Napoleons gehörten.
Die Zeit der napoleonischen Kriege war eine der härtesten Zeiten für Weißenfels. Es gab Truppen-Durchzüge, Einquartierungen und Krankheiten unter der Bevölkerung. In Großgörschen kämpften insgesamt 230.000 Soldaten und es gab 33.000 Opfer. Das Blatt zugunsten Napoleons wendete sich, als dieser am 2. Mai 1813 mit der Garde aus Leipzig anrückte. Der preußische General Scharnhorst erlag später seiner Verletzung, Blücher wurde mehrfach verwundet.
Inzwischen hat er selbst mehrere Bücher geschrieben, in denen er sich den Kämpfen widmet. Ungezählte Werke beschäftigen sich mit jener Zeit und dennoch finde man immer wieder Neues wie bei Ausgrabungen an der Beresina in Russland, bekennt Choffat. Dabei interessieren ihn natürlich Siege und Niederlagen gleichermaßen. Und was ihn besonders begeistere, so lässt er verlauten, sind die zivilen Grundlagen, die der Kaiser mit Gymnasien und Präfekturen als lokale Verwaltungen geschaffen hat und die noch immer existieren. Für viele ist es die erste Fahrt zu den Schlachtfeldern um Leipzig. Jena und Auerstedt gehören zum Tourprogramm, aber auch Lützen und Bautzen.
Während die Franzosen ins Marschall-Ney-Haus weiterfahren, empfängt Heinrich Hexel eine andere Gruppe im Museum Großgörschen. Es sind Geschichtsinteressierte aus Großbritannien, den USA und Australien. Sie stehen vor dem Diorama mit 6.000 Zinnfiguren und erfahren von dem mit 24.000 Opfern teuer erkauften Sieg Napoleons. Und der Ortsbürgermeister berichtet von Gerhard von Scharnhorst, dessen Name Orden der Nationalen Volksarmee der DDR und der Bundeswehr ziert(e).
Ian Fletcher hat die Reise organisiert. Viele sind nicht das erste Mal mit ihm unterwegs und waren zum Beispiel schon in Borodino dabei. Zwölf Touren bietet der Engländer jährlich zu Schlachtfeldern an. Indien, Sudan, Russland, Spanien, Portugal und Malta stehen auf dem Programm. Und im nächsten Jahr geht es an die Marne in Frankreich, die im Ersten Weltkrieg 1914 hart umkämpft war.
Mit dabei ist Richard Filippi aus dem US-Staat Florida. Auch ihn habe als kleiner Junge ein Buch über Napoleon begeistert. Nun sagt er: „Bücher liefern mir die Geschichte, ich habe Ideen, gehe über die Schlachtfelder und ziehe dort meine Vergleiche.“ Sich vor Ort umzuschauen, das helfe ihm, der selbst Offizier war, die Dinge besser zu verstehen. Es sei eine andere Art von Tourismus und letztlich gelebte Geschichte. So sei er bereits im September mit unterwegs gewesen und nun schon wieder. Ob es für ihn einen besonders spektakulären Ort gebe, an dem eine Schlacht geschlagen wurde? Filippi schüttelt den Kopf: „Jeder Ort ist anders und auf seine Art etwas ganz Besonderes, egal ob es sich um Waterloo oder Leipzig handelt.“ Und Ian Fletcher fügt hinzu, dass man einerseits diese Touren mache und verschiedene Orte sehe, andererseits die Gemeinschaft bei gutem Essen und - wie in diesem Fall - deutschem Bier gepflegt werde.
