Klassentreffen in Weißenfels Klassentreffen in Weißenfels: Lehrer als Zirkusdompteur

Weißenfels - Es herrscht reges Treiben im Jägerhof in Weißenfels am Gründonnerstag. Es wird sich umarmt, geherzt und miteinander gelacht. Es hat den Anschein, als haben sich die Männer und Frauen lange nicht mehr gesehen. Tatsächlich feiern die ehemaligen Beuditzschüler ihr mittlerweile 50. Jubiläum der Schulentlassung. Aber seit ihrem letzten Schultag im Frühjahr 1966 haben sie sich bereits 50 Mal getroffen - jedes Jahr ein Mal.
Bei dieser Tradition darf auch der damalige Klassenleiter Volker Thate nicht fehlen. „Es ist meine erste Klasse nach dem Studium gewesen und die 32 Schüler und Schülerinnen sind mir einfach alle ans Herz gewachsen“, erzählt Volker Thate. Er selbst ist nur neun Jahre älter als seine ehemaligen Schützlinge. Auf sein Alter führt der Pädagoge zurück, dass die Schüler ihm ihr Vertrauen geschenkt haben. Sie haben über Vieles reden können. Bei Problemen mit den Eltern sind sie zu ihm gekommen oder auch wenn es Streitigkeiten untereinander gegeben hat. „Ich habe mir immer Zeit für die Kinder genommen. Aber ich bin auch immer ehrlich gewesen und habe ihnen meine Meinung gesagt“, äußert Thate. Für ihn ist dies ein wichtiger Punkt gewesen, um das Verhältnis zwischen Lehrer und Klasse zu stärken.
Schöne Erinnerungen
„Wir haben auch viel gemeinsam unternommen“, erinnert sich der ehemalige Deutsch- und Geografielehrer. Ob Exkursionen nach Weimar, Naumburg oder an seinen ehemaligen Studienort Halle, die Klasse und er sind eine eingeschworene Gemeinschaft geworden und sind es noch immer. „Weil meine Klasse einen Wettbewerb gewonnen hatte, durften wir zur Belohnung drei Wochen lang im Schullandheim von Geraberg wohnen und haben dort einiges unternehmen können, wie zum Beispiel Wanderungen durch den Thüringer Wald“, berichtet Thate, der seine Klasse über zehn Stunden pro Woche unterrichtet hat.
Dass sich aber seine Schüler nicht immer nur vorbildlich verhalten haben, daran erinnert er sich auch gut. „Ich war ein Zirkusdompteur an manchen Tagen“, räumt er ein, denn nicht nur einmal hat er zum Direktor gehen müssen, um diesem Rede und Antwort zu dem Verhalten seiner Schüler zu stehen. „Sie waren jung und wollten sich ausprobieren. Dass sie zum Schnapstrinken in den Hort gegangen sind und diesen dann nicht ordentlich hinterlassen haben, hätten sie vielleicht lieber lassen sollen“, gesteht er schmunzelnd.
Gutes Verhältnis
Damit das gute Verhältnis, welches sie schon in der zehnten Klasse hatten, sich nicht in Luft auflöst, haben sich die Ehemaligen geschworen, jedes Jahr mindestens einmal zusammenzukommen. „Der Gründonnerstag bot sich an“, erklärt Veronika Linsmeyer, eine Schülerin von damals. Es ist der Tag gewesen, an dem die meisten während ihrer Ausbildung nach Hause kamen, um bei der Familie zu sein. „Später blieb das einfach so und es hat sich bewährt“, sagt die Rentnerin, die auch eine der Organisatorinnen des Klassentreffens ist. „Es ist einfach so eine tolle Schulzeit gewesen“, schwärmt die Weißenfelserin.
Ihren Lehrer hat sie gut in Erinnerung, auch wenn er oft streng mit ihnen gewesen ist. „Ach, wir haben das gebraucht“, betont sie ehrlich und schaut in die Runde. „Und aus uns allen ist was geworden“, sagt Linsmeyer lachend, bevor sie ihre Abschlussrede von 1966 an diesem Abend wiederholen darf. (mz)