Karneval Karneval: Rosen aus Krepp-Papier

Tagewerben/MZ - Drei Namen, drei Generationen. Karsten Schönfeld (32) kann sich an seinen ersten Karneval in Tagewerben nicht mehr erinnern. „Denn da war ich noch keine zwei Jahr alt.“ Zum 40. Jubiläum gehörte er zum Kinder-Elferrat und mischt nun im Männerballett mit. Genau wie Ralf Zimmermann (52) von der Jecken-Generation vor ihm. Der kam erst mit 14 in den Ort und spät zum Fasching. Mit der Sportgruppe sorgte er an Reck und Barren für Gaudi, war dann bei einer gemischten Tanzgruppe dabei. Nun sagt er: „Es macht auch zum 65. Fasching noch Spaß.“ Noch 20 Jahre älter ist Wolfram Pippel. So richtig aktiv auf dem Saal ist der 70-Jährige beim 1. Tagewerbener Carnevalsverein (TCV) zwar nicht mehr, sorgt aber mit den Geflügelzüchtern für Gebrutzeltes vom Grill und sagt: „Ich habe immer gern beim Fasching mitgemacht.“
Gründungsmitglieder waren 1949 Liesbeth Nürnberger, Erna Brauer, Kurt Schumann und Karl Göhle. Letzterer war auch der erste Karnevalsprinz. Er übte das Amt dreimal hintereinander aus und das Publikum wählte „seine“ Prinzessin. 1956 ritt Irmgard Berhold hoch zu Roß in den Saal ein. Petra Wittenbecher war 1969 die einzige Prinzessin, die entführt wurde und für die der Verein100 Mark Lösegeld zahlen musste.
Einige Männer waren mehrfach Prinz. Nach Karl Göhle waren das Georg Riebel und Günther Seibicke (je dreimal). Wolfram Pippel war viermal nacheinander Prinz. Bertram Kirst gab 1977 und 1980 sowie 1993/94 mit seiner Frau Marion das Prinzenpaar. (hz)
Vierstündige Programme
Früher durfte man freilich erst mit 18 Jahren dabei sein, erzählt der Senior. „Da haben wir uns an den Fensterscheiben die Nasen platt gedrückt.“ Umso schöner war es dann, ab 1961 selbst mitmischen zu können. Da machte der Karneval gerade das Dutzend an Jahren voll. Pippel erzählt von Sälen, die in viel Handarbeit geschmückt wurden. So entstanden unter geschickten Händen zig tausende Rosen aus Krepp-Papier. Sogar Schilf von der Saale wurde für die Dekoration verwendet. Als er dazukam, wurde längst schon auf zwei Sälen gefeiert, gab es zwischen dem vom „Eichbaum“ und „Helms Gasthof“ die berühmte Straßenmeile.
Vierstündige Programme waren keine Seltenheit, auch wenn die Tagewerbener einst wie heute ohne Büttenredner auskommen. Dafür gab es viele Tanzgruppen. „Klar, dass die Mädchen auch all das zeigen wollten, was sie in vielen Stunden eingeübt hatten“, so Pippel. Aus den Erzählungen der Altvorderen weiß er, dass es 1950 den ersten Maskenball gab und die Demaskierung nie vor 24 Uhr stattfand. Der Auftakt ging noch ohne Prinzenpaar über die Bühne und als dann der Mitbegründer der Karnevalstradition, Karl Göhle, dreimal nacheinander den Prinzen mimte, wählte stets das Publikum eine Prinzessin für ihn. Der Senior hält in den Händen einige Zettel, auf denen alle Namen der Prinzenpaare stehen. Manchmal nennt er einfach eine Jahreszahl, lässt sich die Namen sagen und hat eine Episode parat. Erschienen zum Beispiel Frauen im Petticoat auf der durchbrochenen Treppe zum Saal, betätigte der Schlagzeuger den Knopf für ein Gebläse und wie im Marilyn-Monroe-Film ging der Rock in die Höhe. Auch die Mühle vom Moulin Rouge in Paris stand mal im Saal und als Pippel nach der Wende das Original zu sehen bekam, sagte er: „Unsere Flügel waren viel größer.“
Im Wandel der Zeit
1971 stimmte auf dem Plakat der Name des Prinzen nicht, weil Frank Hübner kurzfristig einspringen musste. Eine Prinzessin hat mal das Weite gesucht und auch für ein Prinzenpaar war schon mal nach der Auftaktveranstaltung Schluss. Nach der Wende gingen die Gästezahlen zurück und erst 1996 wurde wieder auf zwei Sälen gefeiert. Seit der Sperrung des „Eichbaum“-Saals wurde ab 2010 in einem Zelt gefeiert und seit dem Vorjahr stehen dem 1. TCV zwei beheizte Festzelte zur Verfügung. In den Jahren seit 1950 hat sich viel verändert und Wolfram Pippel sagt: „Die Stimmung ist heute eine andere. Früher wurde zur Blasmusik geschunkelt.“ Heute gebe es Kapelle und Discomusik und auch mal nackte Haut zu sehen.
Galaveranstaltung am Freitag ab 20.11 Uhr und Straßenkarneval Sonnabend ab 19 Uhr jeweils mit „Da Capo“ und Samstag außerdem mit der Disco „Orion“. Die beheizten Zelte stehen an der Feuerwehr und in der Florian-Geyer-Straße. Kinderfasching ist Sonntag ab 13.30 Uhr.
