Individueller «Stadtplan» fürs Leben
HOHENMÖLSEN/MZ. - Theresa Boelke ist ganz aufgeregt. "Ich konnte die Nacht vor dem großen Tag kaum schlafen", sagt die Achtklässlerin des Agricolagymnasiums Hohenmölsen. Gemeinsam mit weiteren 86 Mädchen und Jungen feierte sie am Sonnabend im Bürgerhaus Hohenmölsen ihre Jugendweihe.
"Für mich ist dieser Tag sehr wichtig, um in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen zu werden", sagt die junge Frau aus Teuchern. Deshalb ist sie zeitig aufgestanden, um noch vor der Festveranstaltung zum Friseur zu gehen. "Nach der offiziellen Feierstunde wünsche ich mir einen harmonischen Tag im Kreise meiner Familie", sagt Theresa Boelke.
Bunt gemischt war das Programm im Bürgerhaus. Kathrin Laue führte durch den Vormittag und rezitierte wohl dosiert Gedichte wie von Kurt Tucholsky "Das Ideal" und las "Aus dem Brief einer 16-Jährigen". Musikalisch setzten Silke Ehspanner (Gesang), Annemarie Bauer (Saxophon) und Ingo Hackenberg (Piano) treffende Akzente. Und die Tanzformation "Sunflowers" unter Leitung von Ute Steinbach gefiel mit ihren modernen Darbietungen. In seiner Festrede regte Rüdiger Erben (SPD), Staatssekretär des Innenministeriums des Landes Sachsen-Anhalt, Jugendliche und Eltern zum Nachdenken an. Das Leben sei wie ein Stadtplan, es habe viele Straßen, manche erweisen sich als Sackgasse, andere als Einbahnstraße. Die Eltern zeigten ihren Sprösslingen erstrebenswerte Ziel auf, und mancher Umweg erweise sich für Heranwachsende und Erziehungsberechtigte gleichermaßen als schmerzhafte Erfahrung. Erben sprach von Werten wie Toleranz, die Meinung anderer zu achten, wie Wahrheit und Vernunft. Einen eigenen Kopf zu haben und zu gebrauchen und für die Konsequenzen einzustehen, das sei das Wichtigste im Leben.
Einzeln nahmen die Mädchen und Jungen auf der Bühne ihre Aufnahme in die Reihen der Erwachsenen entgegen, erhielten Glückwünsche, Blumen und Urkunden. Ungewöhnlich fielen unterdessen die Dankesworte der Schüler aus. Alle drei achten Klassen hatten Wegbegleiter von der Grundschule bis zur achten Klasse eingeladen. Sie fanden sehr persönliche und einfühlsame Worte des Dankes, der sogar in lyrischer Form eines modern geschriebenen "Erlkönigs" übermittelt wurde. So manchem Lehrer standen da Tränen in den Augen.
"Ich war vor diesem Tag nicht wirklich aufgeregt", sagte Stephan Zech aus Hohenmölsen. Er freue sich auf eine Feier im Kreise der Familie und auf ein Bier. Es sei zwar nicht das allererste, aber als junger Erwachsener möchte er gern mit einem kühlen Blonden feiern. Mitschüler Lars Güther aus Göthewitz freute sich auf die Runde Gleichgesinnter. Denn am Abend wolle er sich mit anderen treffen und durch das Dorf ziehen.