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Handwerk Handwerk: Warum sich zwei Jungmeister nicht selbstständig machen

Von Holger Zimmer 14.01.2018, 09:00
Eric Schweigel hat in der Uichteritzer Autowerkstadt von Marcell Schiedt mit Ferienarbeit begonnen und hier auch seine Lehre absolviert.
Eric Schweigel hat in der Uichteritzer Autowerkstadt von Marcell Schiedt mit Ferienarbeit begonnen und hier auch seine Lehre absolviert. Peter Lisker

Weißenfels - Den Meisterbrief haben Eric Schweigel als gelernter Kraftfahrzeug-Mechatroniker (27) und Fliesenleger Dirk Straube (43) nach drei Jahren in der Tasche.

Und nicht nur das, beide haben ihren Abschluss als beste Jungmeister absolviert. Doch den Sprung in die Selbstständigkeit wollen beide nicht wagen. Vorerst zumindest.

Meisterschule statt Studium

Eric Schweigel aus Lobitzsch hatte schon mal als bester Lehrling seine Ausbildung beendet. Mehr als vier Jahre ist das her. „Danach hätte ich auch ein Studium beginnen können, doch letztlich habe ich mich für die Meisterqualifikation entschieden.“

Er wollte nicht auf der Stelle treten, wie er sagt. Bei Dirk Straube aus Langendorf sieht das anders aus. In seiner alten Firma hatte ihn der Chef mehrfach gedrängt, es ging um die Firmenübernahme. Doch jahrelang beließ es Straube wie es war, auch, weil seine zwei Kinder Vorrang hatten und die Zeit knapp war.

Im Winter ist auch mal Zeit für Oldtimer

Beide Männer lieben ihren Beruf. Schweigel sagt: „Ich bin gern in der Uichteritzer Werkstatt und habe hier mal mit Ferienarbeit angefangen.“ Im Winter, wenn nicht ganz so viel los ist, legt er auch mal Hand an Oldtimern an, für die sein Chef Marcell Schiedt ein Faible hat.

Da stehen auch schon mal 80 oder 90 Jahre alte Lanz-Bulldog-Schlepper in der Werkstatt. In diese kann man jedes Auto bringen, die Arbeit ist vielseitig. Von der Elektrik über die Karosserie bis zur Wartung steht alles an. Ständig gebe es Neues, die Digitalisierung schreite voran. Bei der Fehlersuche gehe es kaum noch ohne Computertechnik und Weiterbildung.

In Straubes Handwerk geht es zwar technisch nicht ganz so anspruchsvoll zu, aber während es früher bei ihm auf Montage um das Belegen großer Flächen ging, arbeitet er jetzt in einer kleineren Firma vor allem für Privatkunden und da seien manche Aufträge mit Sonderwünschen schon eine ganz besondere Herausforderung.

Meisterschule neben der Arbeit

Wie schwierig die Meisterschule neben der Arbeit gewesen ist? Es war schon nicht einfach, bekennen die Männer. Eric Schweigel spricht davon, dass er seine 40 Stunden Arbeitszeit bis Freitagmittag absolvieren musste, dann am Nachmittag und samstags die Schulbank gedrückt hat.

Da sei nicht viel Zeit gewesen, um in die Ferien zu fahren. Doch seine Freundin Carolin Rentsch, die als Selbstständige in der Kosmetik- und Wellnessbranche arbeitet, habe ihn sehr unterstützt. Richtig Stress gab es bei Prüfungen, die sich auf zwei Tage verteilten.

Entscheidung gegen Selbstständigkeit

Was ihm das alles gebracht hat? „Neue fachliche Kenntnisse und einen anderen Blick auf die Dinge“, äußert Schweigel, der von sich sagt, sehr ehrgeizig zu sein. Letztlich aber hat er sich gegen die Selbstständigkeit entschieden, auch weil seine Freundin selbstständig ist. „Und wenn wir beide keinen Acht-Stunden-Tag haben, funktioniert es nicht.“

Straube hat auf Montage bis 20 Uhr arbeiten können. „Danach in die Bücher zu gucken, hat mich schon einige Überwindung gekostet.“ Auch er konnte sich während dieser schweren Zeit auf seine Frau Susan und die zwei Kinder verlassen.

Meisterbrief ursprünglich für Firmenübernahme

Ging es bei Dirk Straube zunächst darum, mal einen Betrieb führen zu können, wofür das Wissen auch in Sachen Betriebswirtschaft erst mal gefehlt hätte, sieht er das als Angestellter in der Firma von Marcus Lippert, in die er zwischenzeitlich gewechselt ist, entspannter.

Denn einerseits hat inzwischen auch sein Chef eine Meisterqualifizierung absolviert, so dass sich Straube mit über 43 keinen zusätzlichen Stress aufbürden muss. Hinzu kommt, dass er als Selbstständiger keine Fachkräfte suchen braucht, die auf dem Arbeitsmarkt kaum noch zu finden sind. „Mal sehen, was die Zeit bringt. Aber ein größeres Wissen kann ja nicht schaden.“

Keine Meisterpflicht mehr

Doch andererseits ärgert ihn der Wegfall der Meisterpflicht für sein Gewerk. Die Zahl der Firmen in der Branche habe sich dadurch vervielfacht. Zuträglich für den Ruf sei es natürlich nicht, wenn Streitfälle um Pfusch am Bau vor den Gerichten lande.

„Manche machen, was sie wollen“, meint Straube und verweist auf einige Hausmeisterfirmen, die das Fliesen neben anderen Dingen anbieten.

Das sei schon etwas anderes, als wenn man einen Beruf von der Pike auf gelernt habe. Deshalb ist für ihn eines Fakt: „Mit dem Meisterbrief hat die Firma, in der man arbeitet, auch ein Qualitätsmerkmal.“ (mz)