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Griechischer Gastronom Georgios Tassos Griechischer Gastronom Georgios Tassos: "Nicht bei den Armen sparen"

Von Jan Iven 29.06.2015, 16:49

Weissenfels - Georgios Tassos betreibt das griechische Restaurant Georgios am Markt in Weißenfels sowie ein weiteres in Freyburg. MZ-Mitarbeiter Jan Iven sprach mit dem Gastronom über die Krise in seinem Heimatland.

Herr Tassos, die wirtschaftliche Situation in ihrer Heimat ist sehr angespannt. Wie geht es den Menschen in Griechenland?

Tassos: Dass kann man sich in Deutschland gar nicht richtig vorstellen. Mein Vater zum Beispiel ist 80 Jahre alt und kriegt eine Rente von 520 Euro. Davon muss er sogar seine Medikamente mitbezahlen, weil es kein richtiges Sozialsystem gibt. Als er vor zwei Jahren im Krankenhaus lag, musste ich ihm die Medizin kaufen. Manche Menschen haben so wenig Geld, dass sie ihre Kinder hungrig zur Schule schicken müssen. Natürlich muss das Land sparen. Aber doch nicht bei den kleinen Leuten, die sowieso kaum noch etwas haben.

Wie konnte es denn überhaupt soweit kommen?

Tassos: Griechenland hätte den Euro niemals einführen dürfen, weil es wirtschaftlich noch nicht bereit dazu war. Die großen Politiker-Familien haben das Land kaputt gemacht. Alles geht nur über Beziehungen. Das Steuersystem ist ungerecht, die reichen Leute zahlen einfach nichts. Die Gesetze ändern sich ständig und es gibt überhaupt keine Rechtssicherheit. Ich würde in Griechenland nicht einen Euro investieren. Und das können Sie ruhig schreiben, auch wenn ich mich damit bei meinen Landsleuten unbeliebt mache.

Was müsste denn ihrer Meinung nach denn passieren, damit es wieder bergauf geht?

Tassos: Notwendig ist vor allem ein gerechtes Steuersystem. Wer mehr verdient, soll auch mehr zahlen. Am besten sollte man einfach das deutsche Steuerrecht kopieren. Das ist wirklich sehr gut. Dann muss der Staat endlich mehr privatisieren. Die Eisenbahn, die Häfen. Und es kann doch nicht sein, dass Beamte schon mit 50 Jahren in Rente gehen und dann noch ein Abfindung kriegen. Wofür denn? Die Gesetze müssen für alle gleich gelten. Aber die Politiker haben einfach keinen Mut, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und nicht zuletzt brauchen Unternehmer mehr Anreize, um zu investieren.

Die Europäische Union fordert harte Reformen. Sind Europa und die deutschen Medien zu streng ?

Tassos: Im Großen und Ganzen nicht. Natürlich sind Reformen notwendig und natürlich muss genau kontrolliert werden, was mit dem Geld passiert. Als Deutscher würde ich sonst auch kein Geld geben. Griechenland ist schließlich selbst für die Situation verantwortlich, das waren ja nicht die Deutschen oder die Amerikaner. Das Land hat einfach über seine Verhältnisse gelebt. Allerdings darf nicht noch mehr bei den Armen gespart werden. Es geht nicht, dass sie für die Fehler der Politiker bezahlen müssen. Die Menschen haben jetzt schon kaum noch etwas. Ähnlich ist es mit der Berichterstattung der Medien in Deutschland. Das meiste stimmt schon, aber es müsste noch mehr auf die Schicksale der Menschen eingegangen werden, die einfach nichts dafür können.

Sollte Griechenland in der Euro-Zone bleiben?

Tassos: Die meisten Griechen wollen den Euro behalten und ich sehe das auch so. Bei einem Austritt befürchte ich sonst ein totales Chaos wie während der Argentinienkrise. Das wäre furchtbar.

Kann man denn als Deutscher jetzt noch Urlaub in Griechenland machen?

Tassos: Natürlich. Touristen merken nichts davon und werden auch nicht auf das Thema angesprochen. Viele Griechen leben schließlich vom Fremdenverkehr. Deutsche Touristen sind in Griechenland immer herzlich willkommen. (mz)