Geschichte Geschichte: Und sonntags war Disco

Grosskorbetha/MZ - „Das Kulturhaus hatte seine Zeit. Doch mittlerweile war es eher ein Schandfleck im Ort“, meint Uwe Horn. Wie viele andere Großkorbethaer hat der 49-jährige Ortschaftsrat in den letzten Tagen beobachtet, wie das einstige kulturelle Zentrum des Ortes von der Bildfläche verschwunden ist. 100.000 Euro hat die Stadt Weißenfels in den Abriss des Hauses gesteckt, das seit Ende der 90er Jahre nicht mehr genutzt wurde.
Dass dem traurigen Ende einmal weit bessere Zeiten vorausgegangen sind, kann Gunter Petzold nur bestätigen. „Meine Eltern waren früher öfter dort, zum Bauernball und so“, erzählt der heute 72-Jährige. Damals war es das Schützenhaus, weil ein Schießstand ganz in der Nähe war. Später, nach dem Krieg, war einiges los in dem Haus, erinnert sich der Großkorbethaer, der später lange Zeit als Gemeindearbeiter im Ort tätig war.
Auch Kino
In den 50er Jahren wurde der Saal des Volkshauses, wie es dann hieß, auch als Kino genutzt. „Es gab mittwochs und am Wochenende ein festes Programm mit aktuellen Filmen“, weiß Petzold. Und natürlich wollte er als 14-Jähriger auch mal in einen P-16-Film. Doch da hatte er keine Chance - schließlich kennt im Dorf jeder jeden.
Etwa ab 1970, so lässt sich in der Ortschronik herausfinden, begann der Umbau des Kulturhauses. Der Saal wurde vergrößert, die Bühne modernisiert. Nationales Aufbauwerk (NAW) war das Stichwort für eine Masseninitiative zur Verschönerung der Kommunen in der DDR. Nach der Wiedereröffnung im Jahr 1972 habe das Großkorbethaer Haus zu den modernsten Kulturstätten im damaligen Landkreis Weißenfels gehört, so Uwe Horn. Bekannte Größen aus Funk und Fernsehen kamen in das Dorf, die Puhdys oder Achim Mentzel.
Nach der Wende keine Verwendung
„Als die Puhdys auftraten, durfte ich noch nicht hin. Der Vater hat’s verboten“, erinnert sich Horn. Die Jugend zog’s in jener Zeit oft auch in die Nachbarschaft. „Freitags Borau, samstags Schkortleben. Da sind wir meist hingezogen“, weiß der heute 49-Jährige. Aber sonntags war für die Jüngsten ab elf oder zwölf immer Disco in Großkorbetha, oder „Schiebchenball“, wie das damals hieß. Viele Vereine nutzten das Haus in dieser Zeit, so ab 1974 auch die Karnevalisten. Und schließlich hat sich so manch feucht-fröhliche Betriebsfeier im Kulturhaus abgespielt.
Nach der Wende sollte der Glanz der alten Zeit verblassen. Nachdem das Haus zunächst an die Nachfahren der einstigen Besitzer rückübertragen wurde, hatte die Gemeinde es später wieder zurückgekauft. Aus der kühnen Idee, im Haus eine gehobene Gastronomie anzubieten, sollte nie Wirklichkeit werden. Nachdem der Verkauf gescheitert war, stand das Haus lange Zeit leer. „Wir haben heute einen vollwertigen Ersatz“, sagt Uwe Horn - und meint die Werner-Giersch-Halle, die sich längst zum kulturellen Zentrum des Ortes gemausert hat.