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Gartenbau in Schkortleben Gartenbau in Schkortleben: Kräuterwiese unterm Dach

Von Holger Zimmer 20.08.2013, 17:03
Dieter Böhme mit seinen Basilikum-Pflanzen im Gewächshaus.
Dieter Böhme mit seinen Basilikum-Pflanzen im Gewächshaus. Peter Lisker Lizenz

Schkortleben/MZ - Wer bei Gärtner Dieter Böhme eine bunte Blumenvielfalt erwartet, wird enttäuscht sein. Hier herrscht die Farbe Grün vor. Der 61-Jährige würde zwar gute Chancen sehen, auch mit Nelken, Astern und anderem seine Brötchen verdienen zu können, doch er hat sich auf Kräuter spezialisiert. Der Erfolg gibt ihm recht, immerhin kann er in diesem Jahr sein 20. Firmenjubiläum feiern.

Angefangen hat er damit nach der Wende, als er einen älteren Herrn auf dem Weißenfelser Wochenmarkt kennenlernte. Als alle nur noch Gemüse und Obst aus den Altbundesländern kaufen wollten, hat der ihm seine Gurken abgenommen und geraten, es doch im größeren Stil mit Petersilie zu versuchen. Die konnte er natürlich nicht ganzjährig anbieten, doch der Herr gab ihm auch den Tipp, wie er das im Winter aus Italien gelieferte Küchenkraut wertsteigernd bündeln und wieder verkaufen könne. Es war für Dieter Böhme der Einstieg in die Marktwirtschaft, sei ihm dabei entgegengekommen, dass er schon immer auf die Leute zugehen konnte.

Schon im Februar prächtige Gurkenpflanzen

Das tat er bereits in jungen Jahren. Faktisch mit der Jugendweihe wurde er zum Hobby-Gärtner und holte sich manche Tipps von einem Fachmann aus Großkorbetha. Als gelernter Betriebsschlosser baute er sich dann in Leuna sein erstes Gewächshaus, das er im Garten aufstellte. Bewässerung und Beleuchtung gab es darin schon vollautomatisch. Dadurch gediehen seine bereits im Februar ausgebrachten Gurkenpflanzen prächtig.

Als Enddreißiger wechselte er als Schlosser zur Agrargenossenschaft Burgwerben. Seine Feierabendarbeit blieb kein Geheimnis und nach zwei Jahren konnte er in der Schkortlebener Gärtnerei anfangen. Es ging um den Anbau von Gurken, Tomaten und Paprika, um Bück-dich-Ware wie der gelernte DDR-Bürger sagte. Seine heimische Ernte überzeugte seinen Chef, brauchte er sich doch nicht hinter den Ergebnissen des Vorzeigebetriebes am Kraftwerk Vockerode zu verstecken.

Nach der Wende kam das Aus für die genossenschaftliche Gärtnerei. Seine eigenen 1 200 Quadratmeter hinterm Haus reichten bald nicht mehr für Petersilie, Schnittlauch, Dill und Bohnenkraut. Deshalb pachtete er die Gärtnerei samt zwei Glashäusern. Seine Frau arbeitete im Kindergarten, er war arbeitslos und betrieb alles im Nebenerwerb. In der zweiten Jahreshälfte 1993 gründete Dieter Böhme, der sich auch in Sachen Gartenbau qualifiziert hat, seine eigene Firma und profitierte davon, dass Ladenketten nun kurze Wege zum Verbraucher und frische Ware bevorzugten, so dass er schnell Lieferant für Pfannkuch wurde. Immerhin konnte er selbst Petersilie, mit Flies abgedeckt, bis in den Januar hinein liefern und hat die Zeitdauer, in der zugekauft werden musste, immer weiter reduziert.

Topf mit 14 Kräutern war der Renner

Die Existenzgrundlage war geschaffen. Ohne sich verzetteln zu wollen, griff der Schkortlebener dann einen weiteren Tipp seines Marktkollegen auf, der ihm zu Kräutertöpfen riet. Was freilich im Freiland mit Petersilie funktionierte, mit Basilikum ging das nicht mehr. Deshalb nahm er für ein 750 Quadratmeter großes Gewächshaus einen Kredit auf. Ein viel kleineres, aber wärmegedämmtes kostete ihn später mit 150 000 Euro rund viermal so viel.

Sein Topf mit 14 verschiedenen Kräutern wie Thymian, Salbei, Melisse, Majoran und Liebstöckel wurde zum Renner, bis er sich aufgrund gestiegener Energiepreise nicht mehr rechnete. Zudem mussten Hotels und Restaurants von den Töpfen auf Kräuterschnitt umsteigen, was neue Anforderungen stellte. Trotz seiner Gewächshäuser, winterharter Kulturen und der Verwendung von Flies zum Abdecken muss er in der kalten Jahreszeit manche Kräuter dazukaufen.

Ob es der 61-Jährige bereut, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben? Er schüttelt den Kopf und lacht: „Wenn man mal von einem Kurzurlaub absieht, hatte ich 20 Jahre keine Ferien, jede Menge Arbeit, aber eine Frau, die das toleriert hat.“ Andererseits waren diese Jahre wie eine Berg- und Talfahrt. Nach dem Verkauf von Pfannkuch habe er an den halleschen Fruchthof geliefert. „Es war dann ein gewaltiger Einbruch, als der dichtgemacht hat.“ Und auf 20 000 Euro belief sich der Schaden durch das jüngste Hochwasser. Da waren auf 3 000 Quadratmetern Petersilie und Dill nicht zu retten. Reihenweise habe er nun Petersilie neu gepflanzt, kriege er mit ihr in diesem Jahr wohl nicht mehr als einen Schnitt hin. An Soforthilfe habe er 5 000 Euro erhalten. „Das muss man wegstecken können.“ Doch Böhme weiß um die Erfahrung, dass es stets weitergeht.