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Frauen ziehen bei Unfällen mit

Von HOLGER ZIMMER 28.04.2009, 18:02

GOSECK/MZ. - Damals war eine Handdruckspritze für die Dorfjugend moderne Technik. Acht Leute waren notwendig, um mit ihr den Born in der Teichstraße vor einer Entschlammung in einer halben Stunde leer zu pumpen. Auch eine Motorspritze gab es schon.

Der 85-Jährige hat die historischen Zahlen wie kein anderer parat. So entstand 1960 / 61 das jetzige Gerätehaus. Ein Jahr später bekam die Wehr einen Lkw vom Typ Garant. Als der 1978 gegen einen Lkw LO getauscht und nach Weißenfels gefahren wurde, kam er bis zur Gaststätte "Post" in Markröhlitz, wo er in Brand geriet. Heute zeigt sich der Senior angesichts der modernen Technik, die jetzt auch mit Fördermitteln angeschafft werden soll, begeistert. Immerhin hat das neue Löschfahrzeug Allradantrieb, besitzt einen 1 000-Liter-Tank und die Pumpe fördert ebenfalls 1 000 Liter in jeder Minute.

Ins Zeug gelegt haben sich dafür Ortswehrleiter Dietmar Böhme (54), der seit 1976 zur Feuerwehr gehört, und Kai Bandke (39), der seit 24 Jahren seinen Dienst verrichtet. "Wir haben angesichts dessen, was in der Gemeinde vor allem in Sachen Straßenbau zu tun war, lange zurückgesteckt. Doch nun ist die Zeit reif." Denn bereits vor zwei Jahren war der alte Lkw gegen einen anderen ausgewechselt worden, doch auch der fiel immer wieder aus. Böhme würdigt, dass sechs Kameraden intensiv dabei waren, um nun das passende Fahrzeug auszuwählen.

Während der jetzige Ortswehrleiter in der Weißenfelser Schuhfabrik "Banner des Friedens" zur Feuerwehr stieß, hat Kai Bandke als Junge mit den Freunden zugeschaut, wenn Martin Winter im oder am Gerätehaus die Technik reparierte. Einen der größten Einsätze gab es im Sommer 1986, als im Gut oberhalb des Schlosses der Stall brannte. "Alle 200 Jungkühe haben wir damals rausgeholt", ist Rolf Goldbach heute noch stolz. Dietmar Böhme setzt hinzu, dass die Kameraden drei Tage als Brandwache im Einsatz waren und es am Ende 500 Mark als Prämie gab.

Am Ende ging alles ebenso glimpflich ab wie Jahre zuvor in den Ställen zwischen Goseck und Markröhlitz, als sich Trockenfutter selbst entzündete. 1994 war man beim Jahrhunderthochwasser dabei und sicherte die Trinkwasserversorgung vom Wasserwerk über einen Kilometer auch bis nach Uichteritz. Im Sommer 1996 konnte man freilich nur noch zuschauen, wie das Freizeitcenter Uichteritz bis auf die Grundmauern abbrannte. Mehr und mehr verlangen aber in jüngster Zeit Hilfeleistungen den Feuerwehrleuten alles ab. So gab es schwere Verkehrsunfälle auf der Straße nach Naumburg. Kai Bandke sagt, dass es dabei zwei Tote gegeben habe. Von den Einsatzkräften mussten da einige passen. "Doch die Opfer galt es, aus den Autos rauszuholen. Da denkt man nicht lange nach und selbst die Frauen haben mitgezogen", äußert der 39-Jährige. Hinterher sei die psychische Belastung groß gewesen. Was das Trio und all die anderen Kameraden bei der Stange gehalten hat? Rolf Goldbach, der noch mit knapp 70 Jahren tagsüber bei Alarmen mit ausgerückt ist, sagt: "Angesichts der harten Arbeit muss man viel Interesse mitbringen." Und der 85-Jährige erinnert an den Bau des Gerätehauses, als viele Stunden investiert wurden. Kai Bandke verweist aufs einmalige Vereinsleben. "Es gibt eben nicht nur gemeinsame Einsätze, sondern wir feiern auch zusammen oder sitzen beim Frühschoppen." Dietmar Böhme bekräftigt: "Die Leute haben immer zur Stange gehalten, weil sie gebraucht werden und die Feuerwehr nichts mit Politik zu tun hat."

Und warum man das 75. Jubiläum nicht wie anderswo groß gefeiert hat? Gisbert Schendel und Uwe Thalheim, der Chef des Feuerwehrabschnitts und sein Stellvertreter, haben uns eine Plakette überreicht, sagt Böhme. "Wir wollten

es jedoch ruhig angehen. Sonst hätten wir gearbeitet und andere gefeiert."