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Fliegende Säuger gehen ins Netz

Von Holger Zimmer 14.11.2005, 18:08

Goseck/MZ. - Und es ging um die Frage, wie weit eine Sanierung gehen müsse. Denn gerade in Spalten und Löchern alter Mauern finden die Tiere Unterschlupfmöglichkeiten.

Stunden ohne Erfolg

Wichtige Erkenntnisse sollte da eine Zählung im August bringen. Ohlendorf hatte große Hoffnungen auf den Termin gesetzt, musste aber eingestehen: "Schade, dass der Himmel nicht bedeckt war, denn bei klaren Vollmondnächten haben wir nur geringe Chancen." Er selbst hatte mit Roma Richter und Annegret Schröter von der unteren Naturschutzbehörde der Weißenfelser Kreisverwaltung Stellung an der Bärenhöhle bezogen und quer über den Weg ein feinmaschiges Fangnetz gespannt. Doch als sie eintrafen, flog ein Exemplar gerade davon. Es sollte das einzige in den fünf Stunden bleiben. "Möglich, dass es eine Kleine Hufeisennase war, die an der Saale unterhalb von Naumburg kaum noch vorkommt." Gerade deshalb wäre es wichtig gewesen, nochmals ihre Ausbreitung bis nach Goseck nachzuweisen.

Normalerweise sei das Fangen der Fledermäuse im August recht einfach, weil sie schwärmen, wie der Fachmann sagt. Laut Bernd Ohlendorf ist das jene Phase, in der die Tagesschlafquartiere verlassen werden, die Paarung einsetzt, aber auch die Alttiere ihren Nachkommen die traditionellen Wintereinstandsmöglichkeiten zeigen.

Norman Goldmann (30) und Christian Deschner (44) hatten den Ausgang der Krypta unter der Gosecker Schlosskirche und die Fensteröffnungen in deren Vorraum mit Netzen gesichert. Und sie wurden fündig, wenngleich es weniger Exemplare als im Vorjahr waren. Die Wege der beiden Männer gleichen sich: Beide kommen aus der Forstwirtschaft und als dort Stellen abgebaut wurden, wechselten sie in den Naturschutz. Heute arbeiten sie im Biosphärenreservat "Karstlandschaft Südharz", dem die Landesreferenzstelle angegliedert ist.

Pflegestation daheim

Und Christian Deschner erzählte, dass er daheim eine Pflegestation betreibe. Zehn Fledermäuse versorgt er durchschnittlich im Jahr in einem so genannten Netzterrarium in Hof und Küche. Meist handelt es sich um Tiere, die aus der Wochenstube gefallen oder gegen Autos geflattert sind. Zwergfledermäuse würden sich auch mal in Regentonnen verirren und Schaden nehmen. Zu fressen gibt es Artgerechtes wie Grillen, die man kaufen könne.

In jener Nacht tauchte zuerst ein Braunes Langohr auf. Es flatterte hin und her und suchte einen Durchschlupf. Goldmann sprach vom Ultraschall, bei dem Laute ausgestoßen und mit den Ohren wieder aufgenommen würden und der Hindernisse wie dieses Netz signalisiert. Das Fangen von Beute - Schmetterlinge, Käfer und Mücken - funktioniere ähnlich. Und noch mehr Wissenswertes war zu hören. So frisst eine Fledermaus während der ersten Flugphase am späten Abend bis zur Hälfte ihres Gewichtes, verdaut ziemlich schnell und geht Mitternacht und gegen Morgen immerhin noch zweimal auf Beuteflug.

Eine Markierung bekamen alle gefangenen Tiere am Flügel. So kann später das Verbreitungsgebiet lokalisiert werden. Mit einem kleinen Sender hätte Bernd Ohlendorf gern eine Kleine Hufeisennase versehen, doch die ließ sich nicht blicken. Auch deshalb soll es nächstes Jahr eine Wiederholung der Aktion geben, um zum Beispiel Tagesschlafquartiere ausfindig machen zu können. Erkenntnisse, die wichtig sind für Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Baumaßnahmen wie sie in Goseck bald anstehen.